Dieter hat angesichts der ruhigen Wind- und Wellenverhältnisse ein bisschen literarische Bildung für die Crew auf dem Programm: Heute gibt es Gespräche über „Weißjacke“ von Herman Melville. Fortsetzung folgt hoffentlich bald! Foto: Jörn
Im Sommer und mit 3 Beaufort kann ja nun jeder segeln; es geht aber auch im Herbst mit knappen 2 Beaufort von Nord. Louisa, Arne, Jörn und Dieter haben’s gewagt. Und gewonnen – beschauliches Segeln, erst mit Louisa an der Pinne, dann Arne, teils hoch am Wind (jedenfalls mehr oder weniger); zuerst sind wir rausgekreuzt bis Höhe Kanaleinfahrt. Anschließend sind dann laaaaangsam vorm Wind wieder zurück gesegelt in Richtung Hafen – mit ausgebaumter Genua. Wir sahen dabei auch ein merkwürdiges Schiff: ganz vorne ein hoher Aufbau, dann viel Schiff hintendran; und dazu der Name „N 35“… – Jörn hat’s gegoogelt; da war der Rumpf noch blau, jetzt ist er dunkelgrau – ein Versorgungsschiff unter panamanesicher Flagge.
Entspannt über die Förde bei wenig Wind. 😉 Foto: Jörn
Wichtiger waren unsere Gespräche in entspannter Stimmung – über Literatur! Dieter hat aus „Weißjacke“ von Herman Melville erzählt. Das Kapitel „Einige Gedanken über des Tollen Jack Art, die Befehle seines Vorgesetzten zu widerrufen“ will Dieter mal im Verein vorlesen – es geht darum: Anluven oder Abfallen in einer Bö! Ihr merkt – alles wirklich sehr entspannt. Um knapp nach 17 Uhr waren wir wieder im Hafen, empfangen von zwei Vätern. Und wir nehmen an: Dies war noch nicht der letzte Kuttertörn in diesem Jahr. Dieter + Arne
Ganz entspannt über die Förde: Auch Mitte Oktober ist es noch richtig schön, in der warmen Sonne auf dem Wasser zu sein. Foto: JörnJeder muss mal das Ruder in die Hand nehmen. Dieses Mal ist Arne an der Reihe. Foto: JörnLouisa wechselt ebenfalls die Positionen – Pinne, Schoten, alles dabei. Foto: Jörn
Die Schwimmstege vor dem Vereinsheim sind noch zu sehen; der feste Steg hat sich allerdings schon unter die Wasseroberfläche verkrümelt. Foto: Jörn
Tief „Gisela“ und Böen um 8 bis 9 Beaufort haben das Wasser an unserem Teil der Ostseeküste aufgetürmt. Was morgens noch für Zuschauer an der Kiellinie ganz schick aussah, weil die grüne Bark „Alexander von Humboldt II“ unter Segeln in die Förde einlaufen konnte, machte vielen Bootsbesitzern Probleme; der Wind aus Nordost drückte eben das Wasser in den Fjord und kletterte über feste Stege und Molen – im Laufe des Tages stieg der Pegel um über einen Meter, ein Wert, der an der Nordsee nicht einmal ein müdes Lächeln hervorruft, auf „der anderen Seite“ an der Ostsee dagegen schon Sorgenfalten.
Fast lässt sich Kutter „Fritjof“ am langen Arm direkt auf den Steg ziehen. Die Sorgleinen sind nur noch für Heringe und Dorsche interessant. Und das Wasser steigt noch weiter. Foto: Jörn
Die Sporthafen-Betreiber hatten bereits am Vorabend darauf hingewiesen, dass die Bootseigentümer heute mal nach ihren schwimmenden „Perlen“ sehen müssen. Aber auch ohne diese Aufforderung machten sich Jugendwart Jörn Krug und Schriftwart Dr. Dieter Hartwig mehrmals auf den Weg an die Liegeplätze unserer größeren Boote, um Leinen und Fendern zu kontrollieren. Und in der Tat mussten Leinen gefiert und neu gezurrt werden, um Yachten und Kutter den nötigen Spielraum bei weiter steigendem Wasser und stetigem Wind zu geben. Am späten Nachmittag aber waren alle Vorbereitungen getroffen; die Kontrollgänge zeigten, dass die Vorsorge gereicht hatte. Morgen soll der Wind im Lauf des Tages nachlassen. Wir haben das erste Herbst-Hochwasser hinter uns. Klaas
Normalerweise müssen wir nicht hochklettern, wenn wir in den Kutter steigen wollen, und wir bekommen dabei auch nicht nasse Füße – außer wir gucken nicht hin und treten daneben … Foto: JörnEben war das Wasser noch vor der Mole; nun kommt es langsam über die Kante. Foto: Jörn
Was in Deutschland normal ist – Trinkwasser aus jedem Wasserhahn –, das ist in Dili in Timor-Leste eher die Ausnahme. Und dies stellt unsere Weltumsegler Asha und Helge vor echte Probleme. Foto: Aßmann/Reich
Die Yacht „Gegenwind“ von Asha Reich und Helge Aßmann sitzt mit ihrer kleinen Crew seit mittlerweile neun Monaten vor Dili in Timor-Leste fest, der Corona-Pandemie sei „Dank“. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten und den damit verbundenen Wetteränderungen drängt es zur Weiterfahrt. Doch alle erreichbaren Stationen „hinter dem Horizont“ winken ab: Australien, Indonesien, Thailand, Malaysia … niemand will den Durchreisenden vorläufiges Quartier geben. Und Südafrika ist ohne einen Werftaufenthalt für die „Gegenwind“ zu risikoreich.
Dazu kommen die alltäglichen Probleme: Die Beschaffung von Trinkwasser ist in einem Land, in dem das Regenwasser zu schmutzig zum Trinken ist und Wasserhähne entweder nicht vorhanden sind oder nur Brauchwasser liefern, ein ganz eigenes und durchaus kostspieliges Abenteuer. Wie Asha und Helge das lösen, erfahrt Ihr im aktuellen Beitrag ihresLogbuchs. Klaas
Kutterführer zur Steuerfrau: „Da hinten geht es zu den Keksen …“ 😉 Foto: Mirco
Es sind Herbstferien. Es ist Anfang Oktober, sogar „Tag der deutschen Einheit“; aber es ist auch Sonnabend, also Segel-Tag. Das Wetter ruft allerdings nicht gerade danach, „Optimisten“ und größere Jollen in die Förde zu werfen. Also ist wieder „Fritjof“ an der Reihe. Was täten wir nur ohne den guten alten Kutter? Nicht neu, nicht schnell, aber gutmütig, zuverlässig und immer für einen Ausflug bereit – auch bei fünf bis sieben Beaufort aus Ostnordost …
Alle mal zeigen, wie viele Kekse sie gegessen haben: Die Förde ist unser; allerdings ist es kein großes Wunder, dass bei diesem Wetter nicht viele andere Wassersportler raus wollen. Foto: Jörn
Zunächst muss es der Kutter aus dem Hafen selbst schaffen, gar nicht leicht unter diesen Bedingungen. Der Hilfsmotor wird angeworfen, also Muskelkraft an vier Riemen. Nur leider drückt der Wind das hohe Boot in Lee an die Wand; da ist kein Platz mehr zum Pullen. Also Plan B: immer an der Wand entlang ziehen, bis das freie Wasser erreicht ist. Und dann geht wie immer alles ganz schnell, und das nur unter Fock und Besan.
Wen interessiert denn schon das Wetter, wenn man segeln kann? Mirco und Arne halten die Schoten fest und fröhlich in den Händen. Foto: Jörn
Liv behält in der kommenden Zeit die Pinne fest im Griff; die Windstärke ist für die Steuerfrau kein Problem – außer in einem Moment, in dem sie von der Crew gemeinerweise mit dem Thema „Manöverkekse“ abgelenkt wird. So etwas macht man ja auch nicht; da ist die Truppe selbst schuld, dass Wasser an Backbord über das Runzelbord schwappt … 😉 Als es wieder ins Hafenbecken zurückgehen soll, ist die Besatzung schon wegen der Bedingungen dort gewahrschaut. Mit gefierten Segeln lässt die Truppe ihren „Fritjof“ ins Becken drücken. Dann folgt vor der richtigen Box der perfekte Aufschießer – und fertig. Mittlerweile ist so viel Routine und – Achtung, Selbstlob – Können im Spiel, dass die Saison gern wieder von vorn beginnen könnte. Stephan + Klaas
Eigentlich darf es immer so weitergehen: Hannes, Arne, Michel, Stephan und Simon (von links) haben wieder mal richtig Spaß auf der Förde. Foto: Jörn
Erst pustet es auf der Förde ganz ordentlich – so sehr, dass das Großsegel lieber mal wieder unten bleibt. Aber bei der Heimfahrt ist der Wind plötzlich weg. Foto: Malte
Es ist nicht zu leugnen: Der Herbst hat Einzug gehalten und mit ihm das für das Segeln oft nicht immer passende Wetter. Und wie immer, wenn der Wind zu stark ist – Regen zählt nicht –, muss unser Rettungsboot ran, der Kutter. So lief es auch an diesem Wochenende. Gegen 14.30 Uhr legten wir mit „Fritjof“ ab und segelten in die Förde hinaus. Dabei stießen wir auf Tonnen, die offensichtlich für eine Regatta ausgelegt worden waren – für Folkeboote, wie wir dann feststellten. Kieler-Woche-gestählt diskutierten wir noch die wahrscheinlichen Kurse der Wettfahrt, kamen aber zu dem Schluss, dass es sich wohl nicht um „olympische Dreiecke“ handeln könne. Wir entdeckten nämlich nur zwei der markanten Tonnen.
Spannung an der Hafeneinfahrt
Der Wind blies immerhin so kräftig, dass wir lieber auf das Großsegel verzichteten. Gegen 15.45 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg zurück. Der erste Versuch, die Hafeneinfahrt zu nehmen, endete in einer kleinen Überraschung. Schön vor dem Wind wollten wir die Lücke in der Mauer nehmen … da war der Wind plötzlich weg. Allerdings nicht so, dass wir regungslos im Wasser gelegen hätten. Die Fock brachte uns langsam aber unbarmherzig vom Kurs ab. Also mussten wir wenden, ein Stück hinaussegeln und einen neuen Anlauf nehmen. Der klappte dann aber ohne weitere Probleme.
Wenn das Stabilisierungskreuz nicht mehr stabilisiert, muss es eben stabilisiert werden. Foto: Guido
Während sich die Segler munter den Wind um die Nasen wehen ließen, kümmerte sich derweil ein einsamer „Arbeiter“ in der Bootshalle um das Wohlergehen des Materials. Guido hatte inzwischen an einem 420er weiter gewerkelt – mit einem vergleichsweise heftigen Aufwand. Das Boot, Jahrgang 1974, hatte in den vergangenen Jahren nach und nach ein stabilisierendes Kunststoff-Kreuz, auf dem auch der Mast ruht, einfach „abgeworfen“. Im sehr engen Bug-Bereich der Jolle ist das eine undankbare Aufgabe, etwas zu reparieren. Guido hatte den gesamten Bereich gründlich gesäubert und durchgepustet, bevor er ans „Festkleben“ ging. Ein halbes Dutzend passgenau zugeschnittener Leisten brachten ihm dann den Druck, der nötig ist, um das abgängige Teil anzupressen. Mal wieder ein hervorragender Job im Hintergrund, ohne den wir nicht so lässig die Boote nutzen könnten. Das ist damit schon der zweite 420er, der in diesem Jahr aus dem Dornröschen-Schlaf erweckt werden kann. Malte
Wenn auf der „Johanna“ der Spinnaker aufsteigt, wollen sich Dieter, Stefan und Malte auf der „Regulus“ natürlich nicht lumpen lassen. Foto: Rika
Nach der kurzen Saison ist es reichlich früh für das traditionelle „Absegeln“. Aber da es nun mal Tradition ist und wir auch keinen günstigeren Termin dafür gefunden haben, musste es halt schon im September sein. Pünktlich um elf startete die kleine Flottille am Hafenbecken, in dem die größeren Vereinsboote ihre Liegeplätze haben. Und wie jedes Jahr sollte es ein kleiner Ausflug Richtung Laboe werden, um dort die ebenfalls „traditionellen“ Fischbrötchen zu verzehren.
Kleine Anlauf-Hilfe: Seit Monaten „zickt“ die Maschine der Albin Vega „Johanna“. Dennis lässt sich deshalb von Vater Dirk und seiner „Sagitta“ auf die Förde ziehen. Foto: Malte
Für diese Tour stimmte auch das Wetter: sonnig, nicht zu heiß, Winde, die von Südost im Lauf des Tages auf Nordost drehten und noch etwas zunahmen. Mehr konnte man ja nicht verlangen. Und so drehten „Johanna“, „Sagitta“, „Vacanza“, „Regulus“ und Kutter „Fritjof“ mit insgesamt 26 Seglerinnen und Seglern gen Kieler Außenförde. Auf Höhe der Kanal-Einfahrt war aber schon klar, dass die Yachten mit anderen Geschwindigkeitsreserven unterwegs waren als unser freundlicher alter ZK-10-Kutter. Und so trennten sich die Wege der Flottille an dieser Stelle. Die Yachten zogen weiter ihre Bahn Richtung Außenförde zum bekannten Fischbrötchen-Stand. Kutter „Fritjof“ drehte nach Heikendorf ab. Immerhin wartete nach Rückkehr zu den Liegeplätzen weiteres Programm am Marineheim.
„Fritjof“ schließt sich der Absegel-Flottille an – dreht aber nach einiger Zeit Richtung Heikendorf ab. Mit der Geschwindigkeit der übrigen Boote kann der Kutter heute nicht mithalten. Foto: Malte
Nach Rückkehr von dieser Tour und dem ausführlichen Aufklaren aller beteiligten Boote trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Parkplatz des Marineheims. Die Zahl hatte sich inzwischen ein bisschen erhöht – von 26 auf 35. 🙂 Das Restaurant „Lagom“, das im Heim betrieben wird, hatte einen großen Pavillon stehen lassen, der am Vortag für eine Hochzeitsfeier genutzt worden war. Nun bot uns das Zelt einen schönen Unterstand für den gemeinsamen Abschluss des Tages mit vielen Salaten und Grillgut – am Grill und in der Versorgung natürlich zuverlässig wie immer Helmut, Guido und Tina. Übrigens: Gesegelt wird in den kommenden Wochen trotz des offiziellen Saison-Endes dennoch – je nach Wetterlage natürlich. Und außerdem sind wir nun flexibel in der Entscheidung, wann bei den großen Booten die Restarbeiten erledigt und die Masten gelegt werden können. Malte
Ausklang im Pavillon mit viel Essen und noch mehr Gesprächen. Foto: MalteEine feste Bank für qualitativ hochwertige Ergebnisse am Vereinsgrill: Guido (links) und Helmut. Foto: MalteFischbrötchen-Pause am Ziel der Fahrt: Die Boote liegen im Hafen von Laboe. Foto: MalteDie „Regulus“ unterwegs – mit Dieter an der Schot und Malte an der Pinne. Foto: bür
Fröhliche Begegnung in kabbeligem Wasser auf der Förde bei Möltenort. Foto: Frank Behling
Sagen wir es ganz vorsichtig einmal so: Wenn wir segelnd an der Windjammer-Parade zum Abschluss der Kieler Woche teilnehmen, ist immer etwas los auf dem Kutter. Und man kann noch Jahre danach im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis darüber erzählen – und diese wahrscheinlich damit langweilen. 🙂 Und da macht die Parade 2020 wahrlich keine Ausnahme. Es begann alles ganz harmlos, also auch wie immer …
Zu Beginn der Fahrt war noch genug Ruhe, um den einen oder anderen Plausch an Bord zu beginnen. Aber das sollte sich im Lauf der Zeit noch ändern. Foto: har
Zehn Seglerinnen und Segler hatten sich zum Begleiten der Windjammer-Parade am Steg bei „Fritjof“ eingefunden. Die Wettervorhersage versprach zwar zunehmenden Wind; aber so richtig hatte die Vorhersage schon in der gesamten Kieler Woche nicht funktioniert. Die Sonne schien, und wir legten guter Dinge ab. Da wir nichts riskieren wollten, blieb das Großsegel allerdings zunächst unten. Fock, Flieger und Besan mussten reichen – und taten das tatsächlich auch.
Schnell vor die ganze Meute: Da „Fritjof“ als Nur-Segler keine Parade-Geschwindigkeit einhalten kann, war es unsere Idee, uns schnell der Parade vorauszufahren. Foto: har
Den Kutter als Parade-Teilnehmer anzumelden, wäre nicht sinnvoll gewesen. „Fritjof“ als Segler ohne mögliche Motorunterstützung könnte kaum die geforderten vier Knoten gleichmäßige Geschwindigkeit halten. Also wollten wir uns schnell vor das Feld setzen. Die Idee: irgendwo den ganzen Tross gemütlich an uns vorüberziehen zu lassen. Aber da hatten wir nicht die deutsche Bürokratie eingerechnet. Kaum nördlich des Kanals angekommen, wurden wir von einem Polizeiboot aus gegen den Wind angepreit. Das Segeln sei an diesem Tag auf der gesamten Innenförde verboten … Das Segeln ist auf der Innenförde verboten? In Kiel Sailing City? Bei einer Windjammer-Parade?
Sonnenschein und viel Wind – das Segeln ist an diesem Tag auf der Innenförde verboten … Foto: har
Was also tun? Der Paradeaufstellung, die gerade Fahrt aufnimmt, entgegen segeln? Geht nicht. Segeln auf der Innenförde ist ja verboten. Also ganz schnell vor den Wind und raus aus der Innenförde – hinter dem Leuchtturm Friedrichsort wird sich doch wohl ein Plätzchen finden lassen, sowohl zum Segeln als auch zum Gucken. „Fritjof“ schlug sich wacker, mittlerweile unter Vollzeug, und versuchte wohl den Marinekutter vom Mittwoch bei der Langstrecken-Wettfahrt der Kutterregatta nachzumachen. Klappte auch. Fast …
Das Vorstag ist abgängig. Jörn und Stephan versuchen im Bug des Kutters – Ersatzteilkiste sei Dank – das Malheur zu beseitigen. Foto: har
Schon an der engsten Stelle der Förde am Friedrichsorter Leuchtturm warnte Jörn vom Bug aus, dass das Vorstag gefährdet ist. Ein Splint, der das Stag sichert, war gebrochen und im Wasser verschwunden. Das verlangte angesichts des zunehmenden Windes nach einer Reparatur. Dem außergewöhnlichen Klüverbaum und seinem zweiten Vorsegel wegen war der Mast zwar nicht sofort in Gefahr, aber eine Reparatur dennoch sinnvoll. Wir legten uns also hinter dem Leuchtturm auf der Westseite der Förde vor Anker. Und Stephan und Jörn machten sich am Stag zu schaffen. Dummerweise ging das alles nicht so leicht. Das zweite Vorsegel musste ja stehen bleiben, um den Mast zu sichern und zog den Kutter in den Wind – und den Anker hinter sich her. „Fritjof“ lag quer zur Förde. Mit vier Riemen versuchten wir nach Kräften, das Boot auf Spur zu halten. Womit wir leider nicht gerechnet hatten, war, dass die Parade sich nach Passieren des Leuchtturms auf die gesamte Breite der Förde auffächert. Ein Polizeiboot rauschte heran, und die Beamten wollten uns natürlich aus der Bahn haben. Eine kurze Erklärung später, gab es an Bord des Polizeiboots zwei erhobene Daumen. Dann legte sich die Polizei als Sicherung mit Blaulicht hinter uns. Nun waren Stephan und Jörn aber nach wenigen Minuten fertig. Das Stag hielt wieder; die Segel gingen nach oben und wir rauschten wieder gen Norden, zwei freundlich winkende Polizisten hinter uns lassend.
Jetzt bloß ganz schnell weg: Hinter uns wurde es plötzlich eng auf der Förde. Foto: har
Aber noch immer war der Weg zurück versperrt. Bei fröhlichen fünf, sechs Windstärken, in Spitzen sieben, fuhr „Fritjof“ dort lang, wo wir am Mittwoch zuvor mit dem größeren Marinekutter wie mit der Straßenbahn langgerauscht waren. Da Sicherheit vorgeht, bogen wir allerdings nicht erst bei Tonne drei, sondern schon bei Tonne fünf Richtung Schilksee ab, um die Parade Richtung Kieler Bucht weiterziehen zu lassen.
Schon wieder in Schilksee: „Fritjof“ nimmt Kurs Richtung Olympiahafen, um den Kutter in die Landabdeckung zu bekommen. Foto: har
Die Erfahrung der Vorwoche im Hinterkopf wussten wir, dass der Rückweg der anstrengende Teil unserer Tour werden würde. Unter Landabdeckung begannen wir langsam damit, wieder Richtung Kiel zurückzukreuzen. Allerdings hatten wir dieses Mal auch ohne Paradezug mit viel mehr Verkehr zu rechnen: Fähren, Frachter, Kreuzfahrer und Surfer, die vor unserem Bug vom Board plumpsten … ziemlich anspruchsvoll bei einem Meter Wellenhöhe und einem Wind, der immer zwischen sechseinhalb und sieben Beaufort schwankte. Es machte sich sehr bezahlt, dass die komplette Kern-Besatzung der Kieler-Woche-Regatta an Bord war. Das Gegenankreuzen lief auch mit dem kleinen „Fritjof“. Niemand regte sich mehr darüber auf, wenn das Wasser an Lee ins Boot kam oder eine Welle über den Bug, die alle mit Brackwasser überzog. Da machte es auch nichts mehr, dass zwischendurch von oben Süßwasser in Form von Nieselregen dazukam. An Land kam später von einem Beobachter der Parade der Kommentar: „Ihr gehörtet zu den Wenigen, bei denen das Boot die ganze Zeit stabil und sicher aussah.“ Kutter sind halt auch Rettungsboote … 😉 Es war trotzdem Zeit, nach Haus zu fahren. Viele müde Gesichter zeugten davon, dass wir mal ein paar Tage Segelpause zur Regeneration benötigen. Zudem hatte Stephan heftige Schmerzen im Bein; er hatte es sich böse noch am letzten Regatta-Tag verletzt.
Unsere vier „Wellenbrecher“ im Bug: Jörn, Peer, Liv und Cathrine – alle können lachen. Es geht wieder auf halbwegs direktem Weg nach Hause. Foto: har
Wie bei der Regatta selbst war der Weg zurück zum Liegeplatz eine elende Kreuzerei diagonal über die Förde – wo die Sperrgebiete und Untiefen sind, wussten wir im Schlaf. Und auch der Color-Cargo-Frachter, der uns noch auf der Innenförde überholte, konnte niemanden erschrecken. Wie bei allen anderen Hindernissen hieß es nur: „Vorne rum oder hinten rum?“ Kurz nach halb vier legten wir schließlich wieder an. Der Wind hatte inzwischen sogar die Segel so getrocknet, dass wir sie guten Gewissens wieder verpacken konnten. Nach dem Aufklaren saßen alle noch völlig fertig nebeneinander wie die Hühner auf der Stange auf der Begrenzungsmauer zum Steg. Die Verabschiedung an diesem denkwürdigen Tag kam dann gerade noch rechtzeitig. Denn nun nieselte plötzlich nicht ein leichter Schauer auf uns herab, sondern ein Sturzbach prasselte herunter. Der allerdings hätte uns zu unserem Glück auf der Förde wirklich noch gefehlt. Das war also wieder eine Windjammer-Parade, von der wir noch eine ganze Weile erzählen können. Und die Kieler Woche 2020 ist damit für die Marine-Jugend Kieler Förde endgültig Geschichte. Klaas
Stephan legt lieber die Beine hoch. Am letzten Regatta-Tag hatte er sich noch ein Schienbein verletzt. Foto: harUnser Tag auf der Förde: Stephan hatte unsere Tour mitgeloggt. Das „Navi“ war in der Backskiste zum Glück trocken geblieben. Screenshot: StephanEin Zwölfer auf der Heimfahrt: Der war natürlich wenige Minuten eher wieder am Liegeplatz als wir. 😉 Foto: harNicht nur Windjammer waren bei der Parade unterwegs: Traumhaft schöne Boote aller Größen und Klassen tummelten sich auf dem Wasser. Foto: har„Fritjof“ vor Friedrichsort – oder wie „unser“ KN-Redakteur Frank Behling zu sagen pflegt: „Kiels Flaggschiff der Marinekutter“. Foto: Frank BehlingUnd alle waren sie hinter uns … aber sie durften zunächst auch nur mit „Schrittgeschwindigkeit“ fahren. Foto: harDie „Alexander von Humboldt II“ aus Bremerhaven, das Führungsschiff der Windjammer-Parade, nimmt langsam Fahrt auf. Foto: har
Dieses Boot verträgt so Einiges: Der Marinekutter hat sich nach zehn Wettfahrten zur Kieler Woche bei der Marine-Jugend-Kieler-Förde-Crew ein Grundvertrauen in seine Fähigkeiten ersegelt. Foto: har
Neunter Platz nach zehn Wettfahrten – ein sehr gutes Ergebnis für die Kieler-Woche-Crew der Marine-Jugend Kieler Förde, vor allem wenn man bedenkt, dass das Ergebnis des achten Platzes sogar punktgleich war. In den letzten beiden Wettfahrten erlebten wir noch einmal alle Höhen und Tiefen des Regatta-Betriebs. Eines der offensichtlichen Defizite sind die Lücken in den Kenntnissen der Wettfahrt-Regeln; die anderen Teams haben diese Regeln offensichtlich schon längst genetisch verfestigt. Dass wir da noch aufzuholen haben, ist aber kein Wunder, reduziert sich (aus Gründen) der Regattabetrieb mit dem Kutter doch auf dieses einmalige Ereignis im Jahr.
Mal eben beim Startschiff schauen, ob es etwas Neues gibt: Neu für uns war die Erkenntnis, dass die Regeln, die in der Wettfahrt an jeder Wendemarke gelten, auf der Startlinie ohne Belang sind… Foto: har
Ein großes Plus nach einer Woche Dauerwettkampf auf der Kieler Förde war die Fähigkeit der MJK-Besatzung, sich auf einen Bootstyp einzustellen, der optisch entfernte Ähnlichkeit mit dem gewohnten ZK-10-Modell besitzt, von den Abmessungen, dem Rigg, dem Verhalten auf dem Wasser aber meilenweit von dem kleineren Komfort-Boot entfernt ist. Unter dem Strich bleibt nicht nur die Erinnerung an fünf Tage Spaß und Teamgeist auf dem Wasser, sondern auch ein voller Sack mit Erfahrungen und Gelerntem. Daraus sollten wir nun etwas Dauerhaftes machen, um im kommenden Jahr nicht von vorn beginnen zu müssen. Viele kleine Tricks und Kniffe erleichterten uns im Lauf der Regatta das Kutter-Leben immer mehr; teils waren wir selbst auf diese Lösungen gekommen, teils hatten wir sie uns bei anderen Teams abgeschaut.
Wenn wir alle ganz doll nach vorn schauen, fährt der hinter uns bestimmt nicht in unser Heck. In dieser Situation klappte das – ein anderes Mal nicht ganz so… Foto: har
Heute Morgen waren wir einigermaßen gelassen in einem weißen Kutter mit der Nummer K-22 an den Start gegangen. Wir wussten, dass die Situation zu Beginn von Wettfahrten (noch) nicht zu unseren Stärken gehört, wir aber durchaus in der Lage sind, auch aus einer schlechteren Ausgangssituation im Feld noch richtig aufzuholen. Das erwies sich dann grundsätzlich auch als richtig. Im neunten Lauf landeten wir auf Rang sieben, im zehnten auf Rang acht. Allerdings wurden wir an einer Stelle etwas ausgebremst, was mit einer Blessur am Heck unseres Bootes endete. Noch deutlich vor einer Wendemarke hatten wir uns selbst ausmanövriert, waren so langsam geworden, dass wir vor einem anderen Kutter zwar nicht vorfahrtberechtigt, aber selbst ohne Fahrt durchs Wasser gar nicht mehr in der Lage waren, den Kurs zu korrigieren. Das andere Boot „verzichtete“ auf ein Manöver des letzten Augenblicks und nahm uns voll am Heck mit. Der Knall über der Förde war nicht von schlechten Eltern. Ohne Schiedsrichter in der Nähe und reichlich geschockt kringelten wir um 360 Grad, nahmen also eine Strafe wegen der Vorfahrtsituation vorweg. Später kamen Schiedsrichter mehrfach an unser Boot, ließen sich die Situation erklären und verzichteten auf alle weiteren Maßnahmen, als sie erfuhren, dass wir uns schon um uns selbst gedreht hatten. „Kann passieren“, war die Reaktion, und wir durften unsere Fahrt fortsetzen. Beeindruckt hat uns diese Ramming dennoch nachdrücklich.
Die Kutterflotte auf dem Weg zum Start: Mit dem Wetter hatten wir wieder Glück. Foto: har
Überhaupt müssen wir betonen, dass etliche andere Crews und auch die Schiedsrichter sehr rücksichts- und verständnisvoll mit uns in möglichen seglerischen Konfliktsituationen umgingen. Lockere und fröhliche Sprüche von Boot zu Boot waren die Regel, nicht die Ausnahme. Um ehrlich zu sein: In ZK-10-Wettfahrten mit unserem eigenen Kutter „Fritjof“ fahren wir normalerweise dem Feld so hinterher, dass die besagten Konflikte inmitten der Flotte eigentlich nie auftreten können. So erlebten wir dieses Mal echtes Neuland, und die Frage: „Sind die da wirklich alle hinter uns?“ wurde nicht nur einmal bei uns an Bord gestellt.
Die Regatta-Organisation legt die Wende-Bojen aus. Zwar wurde an drei Tagen das olympische Dreieck gesegelt, die Lage der Bojen wurde aber natürlich den Windverhältnissen angepasst. Foto: har
Dass wir kräftemäßig nach dieser Regatta ziemlich „durch“ sind, stellten wir auch bei der Rückfahrt in den Marinestützpunkt fest, als wir mit noch zu viel Wind in dem mehr schlecht als recht aufgegeiten Groß einen unfreiwilligen Zwischenstopp an einem im Bootshafen gesetzten Dalben machten und schließlich von einem Schlauchboot Richtung Liegeplatz gezogen wurden. Dieses Mal mussten wir das Boot noch gründlicher aufräumen als zuvor: Die auch vom Stützpunkt Kiel zusammengeliehenen Kutter werden Anfang kommender Woche bereits gekrant und wieder in ihre Heimatstandorte gefahren. Die Blessuren unseres Kutters waren aber der Abnahme-Crew schon bekannt und wurden ebenfalls mit einem mitfühlenden „Passiert halt“ quittiert. Hungrig wie die Wölfe machten wir uns dann in unserem Crew-Zelt über einen Haufen belegter Brote her.
Käse, Wurst, Schinken, egal – Hauptsache, es gibt ganz schnell etwas aufs Volllkornbrot. 🙂 Foto: har
Das Essen weckte bei der gesamten Crew sichtlich wieder die Lebensgeister. Und die Meinung war einhellig, dass diese Woche fantastisch und fantastisch lehrreich gewesen war. Die anschließende Siegerehrung untermauerte diese Sicht sogar noch: Regatta-Chef Thomas Geburzky betonte erneut, dass die Marine-Jugend Kieler Förde richtig gut segeln könne und es eine Freude gewesen sei, uns dabei zu haben. Einen erhobenen Daumen von ihm gab es zudem für die Tatsache, dass wir Liv bereits für mehrere Wettfahrten an die Pinne gesetzt hatten. Übrigens erfuhren wir am Rande der Veranstaltung, dass unsere Meldung für die kommende Kieler Woche nur noch Formsache sei: Wir stehen schon auf der Liste …
Liv holt sich unter dem Applaus der anderen Crews die Urkunden und den Teilnahme-Coin ab. Foto: har
Thomas Geburzky mit seinem großen Herz für Marine-Jugend-Gruppen hatte in diesem Jahr in seiner Funktion als Chef der Regatta seine letzte Veranstaltung dieser Art. Zum Glück hat er versprochen, im kommenden Jahr in anderer Funktion wieder dabei zu sein. Und so wie es klingt, werden wir ihn an Bord eines Kutters erleben – als Segler. Wie im vergangenen Jahr haben wir ihm und seinem Mitorganisator, Oberstabsbootsmann Bodo von Reth, sowie deren ganzen Team ein kleines flüssiges Dankeschön für die liebevolle Betreuung hinterlassen. 😉 Klaas
Der Kommandeur der Einsatzflottille 1, Flottillenadmiral Christian Bock, begrüßt die Regatta-Teilnehmer – im Hintergrund Kapitänleutnant Thomas Geburzky, der die Regatten seit mehr als 25 Jahren organisiert hat. Foto: harMüde, erledigt, aber sehr zufrieden: die Marine-Jugend-Kieler-Förde-Crew. Foto: harEin letzter wehmütiger Blick zurück auf eine wunderbare Kieler (Regatta-) Woche. Foto: har
Auf der Kante mit Liv an der Pinne: „Behütet“ von beiden Kutterführern machte sich die Steuerfrau am Ruder ganz hervorragend. Foto: har
Der zweite Regatta-Tag, an dem wir dreimal vor dem Marinestützpunkt Kiel auf der Innenförde das olympische Dreieck abgefahren sind – kurze Bilanz: 9., 6. und 7. Platz. Immer schön im Mittelfeld, was wir in den Regatten mit „Fritjof“ nie erreicht haben. Und es hätte heute sogar noch ein bisschen besser aussehen können … aber das ist eben die etwas längere Version. 😉
Einreihen beim Start: Beim ersten Lauf waren wir ein bisschen zu fix – Strafrunde um das Startschiff und das Ganze noch einmal … Foto: Fe
Die Übernahme des täglich wechselnden Kutters war am Morgen erstmal ein echter Schreck. Zwei Masten hatte das Gefährt; aber es sah so aus, als ob die Masten jeweils woanders hinwollten. Dazu hing der Besanmast nicht nur nach Backbord, sondern auch noch nach achtern. Die Frage, ob das so soll oder ob man da noch etwas machen könne, wurde von den Organisatoren beraten – aber letztlich erhielten wir einen abschlägigen Bescheid. Da wir nicht mehr Zeit und Laune hatten, selbst zu schrauben, takelten wir auf und beschlossen, das Beste daraus zu machen.
Ist das Brennholz, oder kann man damit segeln? Die Masten standen bei „K-70“ zwar schief und krumm; aber gut voran brachte uns der Kutter dennoch. Foto: har
Beim ersten Start nahmen wir dann extra Anlauf und gingen mit Schwung über die Startlinie, so schnell, dass wir nach einem kapitalen Frühstart jede Diskussion mit den Schiedsrichtern vermieden und schluckohrig das Startschiff umrundeten, um uns erneut hinten anzustellen. Die Idee, im vorderen Mittelfeld mitzumischen, konnten wir uns zwar abschminken; aber wir strengten uns trotzdem kräftig an. Immerhin hatte man uns nach den ersten Wettfahrten bescheinigt, segeln zu können. Da möchte man sich ja nicht blamieren. Und immerhin holten wir in diesem Lauf so weit auf, dass wir als Neunte durchs Ziel gingen.
Es sieht zeitweise auf der Regattabahn nicht so aus, als ob alle Boote wirklich das selbe Ziel hätten. Foto: Fe
In der zweiten Runde lief es besser. Nach der Ausgabe diverser „Manöverkekse“ aus Stephans tiefem Seesack stieg die Laune. Und Jörn als aktueller Kutterführer entschied, ab sofort Liv an die Pinne zu setzen. Und die schaukelte sich tatsächlich den schweren Marinekutter bis zum Start der zweiten Wettfahrt zurecht. Der klappte; wir wurden nicht zurückgepfiffen und konnten Kurs auf die erste Wendemarke nehmen. Allerdings wunderten wir uns schon gemeinschaftlich über einige für uns nicht nachvollziehbare Schiedsrichter-Entscheidungen, so dass wir beschlossen, beizeiten das Regelwerk zu konsultieren. Kleiner Spoiler: Die Schiedsrichter hatten Recht.
Geballte Kompetenz im Heck: Jörn und Stephan als Kutterführer gemeinsam mit Steuerfrau Liv … und der Rest wirkt einfach nur noch erschöpft. 😉 Foto: har
Die zweite Runde lief für uns deutlich erfolgreicher: Ständiges Schiften der Spieren, Ausbaumen der Fock, Spielen mit dem Schwert, Leetrimm – die Manöver gerieten immer flüssiger. Zudem schauten wir uns bei anderen und erfahrenen Marinekutter-Teams einige Dinge ab. Um die Fock straff durchzusetzen und gleichzeitig das Vertörnen der Fockschot zu verhindern, gibt es den Trick, die angeschlagene Vorleine durch das Fockfall zu ziehen und festzusetzen, eine echte Arbeitserleichterung. Die Fockschoten, die zudem nur durch Ringe geführt werden, bekamen auf beiden Seiten noch passende Blöcke montiert. Beides rief einen echten Aha-Effekt hervor.
Simpel aber effektiv: Die Vorleine im Fockfall löst gleich zwei Probleme auf einmal. Foto: har
Nach dem zweiten Lauf wurde das Wetter mies. Leichter Regen fiel. Und Sönke kontrollierte das Regenradar, das tatsächlich keine Niederschläge über Kiel verzeichnete. Was immer da auch auf uns heruntergerieselt ist. Steuerfrau Liv stellte massiven Mangel an Nahrungszufuhr fest und wurde achtern langsam knurrig. Selbstverständlich wählten wir den kürzesten Weg in den Hafen, um zur Mittagspause zu kommen. Vor der Mole erhielten wir das Angebot von Marinesoldaten, uns mit ihrem Schlauchboot schnell zum Liegeplatz zu schieben. Liv drehte sich darauf zu ihnen um und sagte: „Das ginge gegen meine Seefahrer-Ehre. Das schaffe ich allein.“ Jörn und Klaas guckten sich erst gegenseitig an, dann auf ihre Hände, die an den Griffen von Riemen ruhten. Da schob die Steuerfrau schnell hinterher: „Mit Eurer Hilfe, meine ich.“
Wenn es Spaß macht, bekommt man an Lee Besuch vom Wasser. Foto: Fe
Nach einem kurzen aber fantastischen Mittagessen, das Stephan mitgebracht hatte, mussten wir zur dritten Wettfahrt des Tages antreten. Der Regen hatte sich verzogen; dafür gab es etwas mehr Wind, also genau die Entwicklung, die wir erhofft hatten. Inzwischen hatten wir auch in die internationalen Regeln geschaut, die sich zum Glück auch spontan auf das Handy herunterladen lassen. Das Resultat: Die Fragen zu einer Schiedsrichter-Anmerkung am Morgen hatten sich erledigt. Sie hatten Recht gehabt. Es war darum gegangen, inwieweit Vorgaben für einander überlappende Boote in Bezug auf die Vorfahrt Gültigkeit beim Start haben. Kompliziert, doch sehr relevant, wenn man überlegt, an welcher Stelle man sich zu Beginn der Wettfahrt anstellt.
Mittendrin statt nur dabei: Mit dem Marinekutter haben wir uns bisher in keiner Wettfahrt abhängen lassen. Foto: Fe
Wir lernten den Marinekutter jedenfalls immer besser kennen, wussten, wie lange er braucht, um in Fahrt zu kommen. Platz sieben war das Resultat in der letzten Wettfahrt heute. Und Liv an der Pinne schlug sich wacker. Immerhin erhielt sie so viele gute Ratschläge aus allen Himmelsrichtungen, dass sie sich ab und zu wehren und darauf hinweisen musste, dass eine einzelne Quelle für Anweisungen durchaus reiche. Als wir am Nachmittag den Kutter aufgeklart und zurückgegeben hatten, bekamen wir noch den Hinweis vom Organisationsleiter Thomas Geburzky, dass es doch einen Film über unsere lange Strecke am Vortag gebe. Der findet sich bei „Kieler Woche TV“ unter dem Link: bit.ly/kielerwochetv Und morgen? Morgen kommt das große Finale – die beiden letzten Wettfahrten der Regatta mit Marinekuttern bei der Kieler Woche 2020. Dann werden wir mit Sicherheit in allen Knochen spüren, was wir in dieser außergewöhnlichen Woche alles auf dem Wasser angestellt haben. Klaas
Die gute Seele der Marinekutter-Veranstaltungen zur Kieler Woche: Thomas Geburzky fotografiert ausnahmsweise selbst vom Startschiff „Piet“ aus. Foto: har
Der letzte Schlag in Richtung Ziellinie vor der Kulisse des Olympiahafens Schilksee: Nach einer Stunde Fahrt war die Kutter-Flotte bereits am ersten Ziel angekommen. Foto: har
Ein bisschen Bammel hatten wohl alle, auch wenn es niemand zugab: Heute Morgen ging es erstmals mit den Kuttern in einer Kieler-Woche-Wettfahrt über eine vergleichsweise lange Strecke aus der Innenförde bis zum Olympiahafen Schilksee. Das Boot, das uns für den heutigen Tag zugelost worden war, befand sich in gutem Zustand. Allerdings hatten die Vornutzer das laufende Gut eher nachlässig behandelt. Da mussten wir zunächst aufräumen. Und auch die Segel waren sechs Jahre älter als beim Boot am Tag zuvor. Wir sollten es später merken, wenn wir die letzten Winkelgrade herauskitzeln mussten, um möglichst hoch an den Wind zu kommen.
An Bord unseres Kutters ist man nicht schlecht gelaunt, höchstens erschöpft. Und Jörn als Kutterführer war zum Glück auch nicht aus der Ruhe zu bringen. Foto: har
Chef-Organisator Thomas Geburzky gab vor dem Auslaufen noch jeder einzelnen Crew ein paar Worte mit auf den Weg. Bei uns sagte er unter anderem: „Ihr könnt richtig gut segeln. Und das konnte man gestern wieder sehen. Und damit muss Euch auch klar sein, dass Euer eigener Kutter „Fritjof“ nicht wettbewerbsfähig ist.“ Wir sollten weitermachen wie bisher, sagte er – mit einem Augenzwinkern in Richtung Jörn, dass das nicht als Unter-Druck-Setzen gemeint sei. Jörn hatte die Pinne heute übernommen und musste sich wie die Meisten von uns erstmal an das andere „Baumuster“ bei den Kuttern gewöhnen. Eine sehr kurze Eingewöhnungs-Phase, weil wir ziemlich spät mit dem Aufriggen fertigwurden und schnell in Richtung Startlinie kreuzen mussten. Jörn bekam wie alle anderen Steuerleute einen Tracker ausgehändigt, damit der Standort der Boote genau nachzuverfolgen war. „KielerWoche.tv“ begleitete das Spektakel zudem mit einem Kamerateam und Drohne, um die Wettfahrt live auf Großbildleinwände in Kiel übertragen zu können.
„Schmetterling“ – und das über eine halbe Stunde lang: Der erste Kurs in Richtung Schilksee wurde mit kräftigem Wind von achtern, ausgebaumter Fock und aufgeholtem Schwert absolviert. Foto: har
Der erste Start um zehn Uhr klappte aber hervorragend, und wir gingen im guten Mittelfeld auf die Bahn in Richtung Norden. Die gesamte Kutterflotte blieb verhältnismäßig nah beisammen. Nach und nach erinnerten wir uns an die Kleinigkeiten, die wichtig für den Vortrieb sein konnten – und schauten uns auch bei den „Mitbewerbern“ etwas ab. Als erstes bemerkten wir, dass die meisten anderen Kutter auf dem Vorwind-Kurs die Spieren nicht vor, sondern hinter den Masten fuhren. Wenn das alle machten, wollten wir uns ja nicht dumm stellen, schifteten Groß und Besan und siehe: Die Segel standen tatsächlich besser als vorher. Nach dem Ausbaumen der Fock und dem Aufholen des Schwerts fing „K-11“ an zu marschieren. Immer weiter schlichen wir uns im Feld nach vorn, bis wir zwischen Möltenort und Laboe plötzlich auf dem zweiten Platz fuhren, den letzten Kutter vor uns immer näher herankommen sahen.
Die Kutter-Flotte im „Schmetterling“-Modus läuft vor dem Wind wie auf Straßenbahn-Schienen in Richtung Norden. Foto: har
Dann schwenkten wir an der Tonne 3 wie vorgeschrieben in Richtung Schilksee. Und dort erwischten uns die Regatta-Vorfahrtsregeln, die letztlich den Ausschlag dafür gaben, dass wir im Feld wieder zurückgereicht wurden und die Ziellinie vor der Kulisse des Olympiahafens nach etwas mehr als einer Stunde Wettfahrt als Achte überquerten. Kein Grund für Ärgernis und Enttäuschung: Recht frohgemut ließen wir die Segel killen und trieben vor dem Hafen hin und her, um die Mittagspause an Bord zu verbringen. Landgang war uns wegen der strengen Hygiene-Regeln untersagt. Das Angebot der Organisatoren, einzelne Seglerinnen oder Segler mit einem „dringenden Bedürfnis“ per Boomeranger zu einer Toilette zu bringen, wurde freundlich abgelehnt.
Lunchpaket wie in der Jugendherberge: Mittagspause an Bord des Kutters vor dem Olympiahafen. Foto: har
Gegen Viertel vor zwölf rauschte ein Motorboot heran, und die Schiedsrichter unterrichteten uns darüber, dass um zwölf Uhr der Start zur fünften Wettfahrt erfolgte. Allen war klar, dass es nun um eine heftige Kreuz ginge. Die Fahrt wie auf Straßenbahn-Schienen vom Morgen würde sich erledigt haben. Und genau so war es auch. An der Startlinie funktionierte es nicht ganz so gut wie am Morgen. Aber wir waren selbstbewusst genug, um auch von hinten wieder ein paar Plätze gutmachen zu können. So leicht es auf der Hinfahrt gewesen war, „dicken Pötten“ auszuweichen und im Fahrwasser zu bleiben, so anspruchsvoll wurde es nun, Untiefen und Sperrgebieten, Frachtern und Fähren auszuweichen. Einige Halsen und Dutzende Wenden später waren wir wieder in der Innenförde. Und tatsächlich hatten wir bis dahin erneut einige andere Kutter hinter uns gelassen. Einen kleinen Piekser gab es dann aber doch direkt auf der Ziellinie: Um sicher zu gehen, hatten wir etwas zu lange ausgeholt. Und prompt fing uns ein anderes Boot direkt auf der Linie ab. Wieder Platz acht.
Egal in welcher Situation: Schiedsrichter waren immer in Reichweite. Foto: har
Abgespannt, mit wehen Händen und Rücken sowie klatschnass segelten und pullten wir zurück in den Bootshafen, takelten ab und gaben das Boot wieder an die freundliche Hafenbesatzung zurück. Auf dem Weg zu unserem Zelt begegneten wir noch der sympathischen Crew von der Marineunteroffizierschule in Plön und tauschten unsere Erlebnisse aus. Wir müssen wirklich einen müden und hungrigen Eindruck hinterlassen haben, denn die Plöner gaben uns gleich einige Runden schwedische Haferkekse aus. Auf jeden Fall waren die langen Wettfahrten eine wunderbare Abwechslung und echte Herausforderung im Vergleich zu den üblichen Kursen, die sonst abzufahren sind. Aber um die kümmern wir uns morgen wieder.
Da hatten wir noch (fast) alle hinter uns… Foto: har
Der Norddeutsche Rundfunk behauptete übrigens sowohl in seiner 18-Uhr-Sendung als auch im Schleswig-Holstein-Magazin, dass heute ja bei der Kieler Woche überhaupt nicht gesegelt wurde … Dafür, dass die Kutterflotte eine gute Stunde lang mit Tross und Startschiff direkt vor dem Hafen Schilksee zwischen den beiden Wettfahrten des Tages Pause machte, hin- und herkreuzte, ist das doch eine eher uninformierte Sichtweise … 😉 Klaas