Welche Maus nagt denn unsere Schwerter an?

Eigentlich hätte man die Jolle gleich komplett neu bauen können. Nachdem der Boden dieses „Optimisten“ angebohrt und die Delaminierungen repariert worden sind, braucht das Boot auch noch ein neues Schwert und eine neue Pinne. Foto: Guido

„Es sieht aus wie Mäusefraß“, sagt Bootswart Guido kopfschüttelnd. Gemeint sind einige Schwerter und Pinnen von „Optimist“-Jollen, die gerade in der Bootshalle überholt werden. Wobei „Mäusefraß“ in diesem Zusammenhang eher ein furchteinflößender Begriff wäre. Die Dreiecke, die aus den Zubehörteilen gefräst scheinen, müssten zu Zähnen von riesigen Raubtieren gehören. Sprich: Die Schäden können wir wohl nicht armen Nagern zuschreiben, sondern eher mal wieder schlechter Behandlung des Materials. Wir werden in den kommenden Tagen also an die Reserve-Schwerter gehen und Anpassungen vornehmen beziehungsweise Aufmaß nehmen und neue Pinnen sägen, schleifen und lackieren. Fällt nach den Reparaturen an großen delaminierten Flächen überhaupt nicht mehr ins Gewicht, oder?

Der nächste „Patient“: Die Scheuerleiste ist wieder anlaminiert, die marode Mastducht ausgebessert, der Boden abgeschliffen. Fotos: Guido/har

Und das ist beileibe nicht die einzige Baustelle in Sichtweite. Gleich nebenan wartet das nächste „Schätzchen“. Der blaue Opti hat sich beim Abschleifen als weißer Opti herausgestellt. Die abgefahrene Scheuerleiste ist nun repariert, die neue Mastducht-Verstärkung eingeklebt und verschraubt. Auch dieses Boot ist mittlerweile über den Point of Return hinaus angesichts der Arbeit, die wir in den vergangenen Wochen hineingesteckt haben. Für „Fritjof“ gilt das sowieso: Die Duchten unseres heiß geliebten Kutters baumeln fröhlich von dünnen Leinen von der Decke in der Bootshalle, abgeschliffen und lackiert. Zumindest an diesen Bauteilen wird sich in den kommenden Monaten niemand mehr Splitter einziehen. Hoffentlich. 😉

Können demnächst wieder eingebaut werden: Duchten des ZK-Kutters „Fritjof“. Foto: har

Parallel zum wöchentlichen Arbeitseinsatz gestaltet sich das übrige Vereinsleben wie auf Schienen: Vorstandssitzungen in Vorbereitung auf unsere kommende Mitgliederversammlung (online natürlich), das vierzehntägige digitale Zusammentreffen zum Üben für den Sportbootführerschein – und der sonnabendliche Gruppenbetrieb. Finja und Janek sind weiterhin Dreh- und Angelpunkte in der Programmgestaltung. Bei der jüngsten Sitzung machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre heimischen Computerbildschirme auch zu Präsentationswänden, um sich Fotos von vergangenen gemeinsamen Touren, Feiern und Arbeitseinsätzen zu zeigen.

Glücklicherweise müssen wir uns nicht allein auf Erinnerungen verlassen, denn kommende Projekte sind inzwischen schon ganz konkret geworden. So hat unsere zweite Vorsitzende Tina das Segelwochenende im August in Sundsacker an der Schlei festgezurrt. Finja organisiert für die Deutsche Marine-Jugend eine eSailing-Regatta, die bald starten wird. Und seit kurzem wissen wir auch, dass es wieder zur Marinekutter-Regatta der Kieler Woche geht. Juni? September? Wer wei? Aber zehn Minuten nach dem Eintreffen der Ankündigung war unsere Anmeldung raus. Das heißt, dass es hoffentlich bald viele schöne neue Bilder gibt, an die wir uns in der kommenden Wintersaison gemeinsam erinnern dürfen.
Klaas

Hat vom heimischen Rechner aus alles im Griff: Finja „schmeisst“ gemeinsam mit Janek die wöchentliche Gruppenstunde. Foto: Tina
Einen Teil der jüngsten Gruppenstunde verbrachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem gemeinsamen Anschauen von Bildern, die gemeinsame Erinnerungen zeigen. Screenshot: Finja

Lesestündchen und Baupläne beschriften

Draußen ist es zeitweise so kalt, dass die Kieler Förde bis zum Fahrwasser zufriert. Foto: har

Die Liebe zum Wassersport und zum Meer hat so viele Facetten, dass sie sich gar nicht alle im Vereins-Alltag abbilden lassen können. Der normale Winterbetrieb wäre gekennzeichnet von rastlosem Basteln an unseren fahrbaren Untersätzen, Schleifen, Hämmern, Bohren, Lackieren, Schrauben, Takeln. Die Pandemie macht all dem einen dicken Strich durch die Rechnung. Die Arbeit an den Booten muss zwar trotzdem erledigt werden, aber eben anders organisiert, einzeln oder zu zweit. Damit können die Gruppennachmittage auch anders organisiert werden. Seit Mitte November 2020 kümmern sich ja vor allem Finja und Janek darum, ein inhaltlich interessantes und abwechslungsreiches Programm anzubieten. Und da sind wir wieder bei den Facetten.

99 Tage vor Kap Horn

Schriftwart Dieter hatte uns daran erinnert, dass es viele spannende Geschichten rund um das Segeln gibt. Und gerade im Zusammenhang mit der Regatta Vendée Globe und der Berichterstattung über die Tücken des Umrundens von Kap Horn zog Dieter ein Buch über Windjammer aus dem Regal. Auch wenn das Zuhören nur an den heimischen Rechnern stattfinden konnte – statt mit heißem Punsch und Keksen im Gruppenraum –, machten wir aus der Not eine Tugend. Und so lauschten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Geschichte von Kapitän Christian Jürgens von Föhr, der mit seinem Segelschiff „Susanna“ Mitte Oktober 1905 im Auftrag der Hamburger Reederei G.J.H. Siemers unterwegs war – und in Hagel und Orkanböen das Kap Horn rundete. 99 Tage wurde das Vollschiff, das wie die legendären Flying-P-Liner der Reederei F. Laeisz Salpeter transportierte, von Stürmen am Kap gebeutelt.

Die „Susanna“ hatte es 1905 nicht leicht bei ihrem Versuch, das Kap Horn zu umrunden. Eine Karte veranschaulicht die Geschichte, die Dieter beim Gruppennachmittag vorliest. Screenshot: har

Ein Gruppennachmittag ist aber lang. Und es ist nicht damit getan, dass einer sich anstrengt und alle anderen sich zurücklehnen. Deshalb war auch noch mehr im Programm als eine spannende Vorlesestunde: Finja und Janek forderten die Mitarbeit der Gruppe ein und nahmen sich die Begrifflichkeiten an einer Segeljolle vor. Nach und nach wurde das gezeichnete Modell eines Bootes mit den Bezeichnungen aller Einzelteile von Rumpf, Segeln, laufendem und stehendem Gut beschriftet. Wieder einmal zeigte sich die Stärke des virtuellen Gruppenraums: Denn alle Beteiligten können nicht nur gleichzeitig sprechen (nicht erwünscht 😉 ), sondern auch gleichzeitig an etwas arbeiten (sehr erwünscht 😉 ).

Zwar wissen (fast) alle, wo sie bei einem Boot ziehen oder drücken müssen, damit es das tut, was man will, wollen auch die Fachbegriffe gelernt sein. Screenshot: Finja

Und es reicht an einem Gruppennachmittag sogar noch zu einem dritten Abschnitt: die Segelpraxis. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten bereits in der Woche zuvor an einer eSailing-Regatta teilgenommen, die das Camp 24/7 ausgelobt hatte – klar, dass auch die Marine-Jugend Kieler Förde dabei war und gar nicht so schlecht abschnitt. Ergebisse gibt es hier: https://sailranks.com/v/regattas/3940 . Und so wurde auch an diesem Wochenende wieder intensiv um Sieg und Platz gesegelt. Bald wird es wohl Zeit für eine eigene Vereinssparte …

Latein-Hausaufgaben zur Seite: Jetzt wird am Bildschirm gesegelt – nicht nur bei Cathrine. Foto: har

Und in der kalten Bootshalle? Auch da geht es weiter, den aktuellen Temperaturen angemessen natürlich. So haben Guido und Malte zwischenzeitlich mit großer Leidensfähigkeit an einem Optimisten weitergearbeitet, der in anderen Vereinen wahrscheinlich angesichts seiner Schäden das Zeitliche gesegnet hätte. Aber das treue Boot macht Fortschritte. Und Guido und Malte haben sogar damit begonnen, die abgerissene Scheuerleiste im Bugbereich zu laminieren. Sieht man sich das Lastenheft an, kann man sich nicht vorstellten, dass sie zu Beginn der nächsten Saison nicht wirklich alles reparieren können.
Klaas

Nein, er hat es nicht hinter sich: Diesen Optimisten bauen wir tatsächlich wieder komplett auf. Foto: har

In jedem Fall schon einmal planen

Im vergangenen Jahr hat die Pandemie unsere Spätsommerfahrt verhindert. In diesem Jahr wollen wir aber in jedem Fall für ein Segelwochenende an die Schlei. Es geht nach Sundsacker – gegenüber Foto: har

Auch wenn wir noch nicht genau wissen, wohin es in Sachen Pandemie in der kommenden Saison gehen mag, was wir im kommenden Sommer dürfen und was nicht, fangen wir zumindest ganz optimistisch mit unseren Planungen an. Schließlich soll es etwas geben, worauf wir uns freuen dürfen. Die großen Eckpunkte stehen immerhin. In diesem Februar soll die Nachricht kommen, wie die Marinekutter-Regatta im Juni (?) gestaltet wird. Dass die Kieler Marine-Jugend dabei sein will, steht außer Frage. Und dass wir wahrscheinlich wieder mit zentral gestellten Booten antreten müssen, sollte angesichts unseres nicht so ganz wettkampftauglichen Materials in diesem Bereich kein Nachteil sein.

Die Jugend- und Sportwarte haben schon ihren Aufruf an die Jugendlichen gestartet: Über die Pfingstfeiertage steht endlich wieder eine Langfahrt an. Drücken wir die Daumen, dass sich die Situation so gestaltet, dass solche Ausflüge möglich sind.

Und dann geht es im August ebenfalls für ein Wochenende erneut an die Schlei. Was pandemiebedingt im vergangenen Jahr ausfallen musste, nehmen wir 2021 erneut in Angriff. Mit einer kleinen Vereins-Delegation fuhren wir am Wochenende gen Norden und schauten uns ein Gelände gegenüber von Arnis an, das die Eine oder der Andere schon kannten. Die Infrastruktur und die Landschaft ringsum zeigten sich wirklich sehr ansprechend. Und so hat unsere zweite Vorsitzende Tina Hindersmann-Schmidt in Sundsacker zugesagt. Wir sind und sicher: Das wird richtig prima.

Nach den ersten Jollen ist das Zubehör des Kutters an der Reihe, wieder überholt zu werden. Foto: Andreas

Aber vor dem Vergnügen kommt eben die Vorbereitung: Andreas und Dieter nahmen sich Spieren und Bäume von Kutter „Fritjof“ vor, befreiten sie von den Beschlägen und bringen das Holz nach und nach auf Hochglanz. Vor der Bootshalle werkelten Tinka und Stephan, um im betroffenen Kutter die Holzduchten abzuschrauben. Die hatten im vergangenen Jahr doch einige tiefere Kratzer abbekommen. An den „Optimist“-Jollen geht die Arbeit ebenfalls weiter. Die Experimente mit Lack und nicht ganz passendem Härter waren bisher noch nicht in Gänze zufriedenstellend. Aber wir bleiben dran.

Diese Mastducht an einem Opti hat es leider hinter sich. Sie muss sowohl von oben als auch unten wieder verstärkt werden. Foto: har

Der Gruppennachmittag bei den Jugendlichen war auch an diesem Wochenende wie inzwischen gewohnt ein virtueller: Wichtig dabei war die Feedback-Runde, die Finja und Janek immer wieder einfordern, um abzufragen, wie das Programm in nächster Zeit gestaltet werden muss. Mitdenken und Mitmachen sind gefragt, nicht Nörgeln und Konsumieren. Aber Letzeres ist sowieso nicht mal in Ansätzen erkennbar. Taktik und Fingerfertigkeit beim eSailing nehmen übrigens immer weiter zu. Mal sehen, ob diese Eigenschaften durchhaltefähig sind, wenn es nachher draußen wieder nass und windig ist. 😉 Wie gesagt: Wir bleiben optimistisch!
Klaas

Beim Online-Gruppennachmittag wurde wie immer an Theorie und eSailing gearbeitet. Aber zuerst musste selbstverständlich ein bisschen über das grandiose Ergebnis von Boris Herrmann bei der Vendée Globe gesprochen werden. Screenshot: har