Die letzten Möglichkeiten nutzen

Kutterführer Jörn und Steuerfrau Liv – ein schöner Nachmittag Ende Oktober ist auf dem Wasser doch noch viel schöner als an Land. Foto: Simon

Es wird kälter draußen; am Horizont winkt schon in der Ferne die Weihnachtszeit. Das Gelände rings ums Marineheim ist von bunten Blättern bedeckt. Und das Kranen der größeren Vereinsboote steht in wenigen Tagen ebenfalls an. Aber da freundliche Winde angekündigt sind, nutzt unser Kutterführer jede kleine Gelegenheit, noch einmal aufs Wasser zu kommen. Gemeinsam mit Liv und Simon lässt Jörn unseren Kutter „Fritjof“ an diesem Nachmittag wieder auf die Kieler Förde gleiten.

Dick einpacken und los: Auch Simon lässt sich nicht von spätherbstlichen Bedingungen abschrecken, wenn es ums Kuttersegeln geht. Foto: Jörn

Kurz nach 14 Uhr waren die drei losgefahren – nicht wegen des Windes, aber wegen des geringen „Personalumfangs“ an Bord unter Fock und Besan, Liv an der Pinne. Jörn nutzte die Ruhe, um Simon gleich ein bisschen Unterricht an der Fockschot zu geben. Vor dem Ostufer kreuzte der Kutter dann vor dem Gelände der Werften entlang – an einem Unterseeboot vorbei. Das wiederum nutzten Simon und Liv für ein paar Selfies mit dem dunklen Koloss im Hintergrund. Livs Anmerkung: „Simon hat posiert wie ein Weltmeister – man weiß ja nie, ob weibliche Fans in der Nähe sind … “ 🙂 Aber schließlich wendeten die drei Seglerinnen und Segler ihren Kutter und machten sich auf den Heimweg – eine Strecke, die recht zügig zurückgelegt wurde.

Mit dem Kutter am neuen Unterseeboot vorbei – Gelegenheit für diverse Selfies … Foto: Jörn

Als der Kutter Richtung Hafen segelte, kam er auch am heimatlichen Vereinssteg vorbei. Dort hatten Dieter und Jens derweil die Varianta „Regulus“ festgemacht und schon den Mast gelegt. Der wurde wie eine Menge anderer Ausrüstung anschließend hoch ins Marineheim geschleppt, um dort dem „Winterschlaf“ überantwortet zu werden. Im Anschluss liefen die beiden zurück zum Hafenbecken, in dem unsere größeren Boote ihre Sommerliegeplätze haben, und holten das große Schlauchboot, um die „Regulus“ erneut in ihre Box zu schleppen. Denn am Freitag kommt ja der Kran … Klaas wiederum hatte inzwischen den Gruppenraum aufgeräumt und einen 420er auf den Haken genommen. Der bekommt auswärts eine Überwinterungsunterkunft. Wir brauchen ja Platz für die großen Boote, denn am Freitag … Ihr wisst ja schon. 😉
Liv

Der Mast ist schon gelegt: Jens und Dieter bereiten die „Regulus“ für die Einwinterung vor. Foto: Jörn
Stück für Stück kommt die Ausrüstung in die Bootshalle. Alles, was erledigt ist, muss am Tag des Kranens nicht mehr berücksichtigt werden. Foto: Klaas
Und tschüss bis zum Frühjahr! Der erste 420er rollt vom Hof. Aber er kommt wieder. Sagt ja schon der Bootsname: „A Question of Time“. Foto: Klaas

Und an Land kreischen Schaber und Schleifmaschine

Wenn man Corona-Vorsichtsmaßnahmen gewohnt ist, sind auch die Masken zum Antifouling- und Farbe-Schleifen keine große Aufregung mehr wert: Guido, Malte und Klaas (von rechts 😉 ) machen sich an Land an die Arbeit. Foto: har

Bald werden bei den größeren Booten, die noch im Wasser liegen, die Masten gelegt und die Winterpause vorbereitet. Dann kommt der Kran und hebt die teuren Stücke an Land. Dafür muss dort natürlich rechtzeitig Platz geschaffen werden. Und weil auch unser alter ZK-10-Kutter sein Eckchen auf dem Vereinsgelände benötigt, später sogar für Arbeiten in die Bootshalle geschoben werden muss, heißt es, Ärmel aufzukrempeln und schon mal bei den kleinen Booten Ausbesserungen vornehmen, damit die aus dem Weg kommen.

Im Spiegel soll man sich spiegeln können, oder nicht? Guido gibt einem 420er das passende Finish. Foto: har

Malte, Guido und Klaas haben sich am Morgen verabredet, um Hand anzulegen, damit zwei Boote so weit fertiggestellt werden können, dass sie in den kommenden Tagen eingepackt und auf ihren Trailern weggezogen werden können. Guido hatte sich bereits um den 420er „Jam Jam“ von Jörn bemüht, der in der ablaufenden Saison seine „Wiedergeburt“ gefeiert hatte. Da es schöner ist, wenn zwei Boote gleichen Typs aufs Wasser kommen, hatte auch Klaas seinen noch älteren „A Question of Time“ ausgegraben. Ganz nebenbei mit viel Liebe und Aufwand hatte Guido auch aus diesem Boot etwas Segelfertiges zusammengeklebt, gespachtelt, gemalt. Nun sind die letzten Arbeiten dran. Der Spiegel wird lackiert. Im Frühjahr muss dann nur noch eine kleine Dichtung an der Lenzklappe ersetzt werden. Dann geht es auch mit diesem 420er wieder auf die Förde.

Mit Schaber und Industriestaubsauger den dicken alten Antifouling-Schichten zu Leibe rücken. Foto: har

Auf dem Platz, den in den kommenden Monaten der Kutter „Fritjof“ beansprucht, liegt zurzeit noch ein „Pirat“. Die „Kassiopeia“ ist zwar zweieinhalb Meter kürzer als „Fritjof“; aber wenn man versucht, sie einmal anzuheben, stellt sich das Gefühl ein, dass die beiden Boote gleich schwer sind … Da die Jollen bei uns durch die Bank keine Wasserlieger in der Saison sind, sondern immer wieder zur Nutzung ins Wasser geslippt und anschließend herausgezogen werden, ist Antifouling, das den Bewuchs mit Algen und Meeresgetier verhindern soll, völlig überflüssig. Cathrines „Pirat“ hatte von den Voreigentümern allerdings eine dicke Schicht aus allerlei undefinierbaren Farben und Anstrichen erhalten, die deshalb nun herunter sollen. Da „Kassiopeia“ in der Saison 2019 durch die Nutzung auf der Förde und im Segelcamp Borgwedel richtig hatte leiden müssen, sind nun ein paar Ausbesserungen fällig.

Unter der dicken roten Antifouling-Schicht kommt eine weiße Farbschicht. Unter der weißen Farbschicht kommt eine schwarze Schicht, die beim Schleifen wie Teer riecht, darunter … Kilogrammweise kommen Anstriche von dem Piraten herunter. Foto: har

Etliche Stunden hatten die „Landarbeiter“ schon investiert. Die Anstriche lassen sich allerdings nur mühsam entfernen. Exenter-Schleifer sind überfordert; der Bandschleifer bekommt es nur unwesentlich besser hin. Die Quälerei hat erst ein Ende, als Guido – hurra! – einen der Farbschaber wiederfindet. Das ist zwar nicht das zarteste Werkzeug in der Bootsbehandlung, aber es ist sehr, sehr effektiv. Mittags müssen die Bemühungen abgeschlossen sein. Das Restaurant im Vereinsheim nimmt seinen Betrieb auf. Da sind die Dezibel-Zahlen der Schleifmaschinen nicht mehr ganz angemessen.
Klaas

Kuttersegeln mit „Weißjacke“ von Melville

Dieter hat angesichts der ruhigen Wind- und Wellenverhältnisse ein bisschen literarische Bildung für die Crew auf dem Programm: Heute gibt es Gespräche über „Weißjacke“ von Herman Melville. Fortsetzung folgt hoffentlich bald! Foto: Jörn

Im Sommer und mit 3 Beaufort kann ja nun jeder segeln; es geht aber auch im Herbst mit knappen 2 Beaufort von Nord. Louisa, Arne, Jörn und Dieter haben’s gewagt. Und gewonnen – beschauliches Segeln, erst mit Louisa an der Pinne, dann Arne, teils hoch  am Wind (jedenfalls mehr oder weniger);  zuerst sind wir rausgekreuzt bis Höhe Kanaleinfahrt. Anschließend sind dann laaaaangsam vorm Wind wieder zurück gesegelt in Richtung Hafen – mit ausgebaumter Genua. Wir sahen dabei auch ein merkwürdiges Schiff: ganz vorne ein hoher  Aufbau, dann viel Schiff hintendran; und dazu der Name „N 35“… – Jörn hat’s gegoogelt; da war der Rumpf noch blau, jetzt ist er dunkelgrau – ein Versorgungsschiff unter panamanesicher Flagge.

Entspannt über die Förde bei wenig Wind. 😉 Foto: Jörn

Wichtiger waren unsere Gespräche in entspannter Stimmung – über Literatur! Dieter hat aus „Weißjacke“ von Herman Melville erzählt. Das Kapitel „Einige Gedanken über des Tollen Jack Art, die Befehle seines Vorgesetzten zu widerrufen“ will Dieter mal im Verein vorlesen – es geht darum: Anluven oder Abfallen in einer Bö! Ihr merkt – alles wirklich sehr entspannt. Um knapp nach 17 Uhr waren wir wieder im Hafen, empfangen von zwei Vätern. Und wir nehmen an: Dies war noch nicht der letzte Kuttertörn in diesem Jahr.
Dieter + Arne

Ganz entspannt über die Förde: Auch Mitte Oktober ist es noch richtig schön, in der warmen Sonne auf dem Wasser zu sein. Foto: Jörn
Jeder muss mal das Ruder in die Hand nehmen. Dieses Mal ist Arne an der Reihe. Foto: Jörn
Louisa wechselt ebenfalls die Positionen – Pinne, Schoten, alles dabei. Foto: Jörn

Zum Ende der Saison kommt das Wasser

Die Schwimmstege vor dem Vereinsheim sind noch zu sehen; der feste Steg hat sich allerdings schon unter die Wasseroberfläche verkrümelt. Foto: Jörn

Tief „Gisela“ und Böen um 8 bis 9 Beaufort haben das Wasser an unserem Teil der Ostseeküste aufgetürmt. Was morgens noch für Zuschauer an der Kiellinie ganz schick aussah, weil die grüne Bark „Alexander von Humboldt II“ unter Segeln in die Förde einlaufen konnte, machte vielen Bootsbesitzern Probleme; der Wind aus Nordost drückte eben das Wasser in den Fjord und kletterte über feste Stege und Molen – im Laufe des Tages stieg der Pegel um über einen Meter, ein Wert, der an der Nordsee nicht einmal ein müdes Lächeln hervorruft, auf „der anderen Seite“ an der Ostsee dagegen schon Sorgenfalten.

Fast lässt sich Kutter „Fritjof“ am langen Arm direkt auf den Steg ziehen. Die Sorgleinen sind nur noch für Heringe und Dorsche interessant. Und das Wasser steigt noch weiter. Foto: Jörn

Die Sporthafen-Betreiber hatten bereits am Vorabend darauf hingewiesen, dass die Bootseigentümer heute mal nach ihren schwimmenden „Perlen“ sehen müssen. Aber auch ohne diese Aufforderung machten sich Jugendwart Jörn Krug und Schriftwart Dr. Dieter Hartwig mehrmals auf den Weg an die Liegeplätze unserer größeren Boote, um Leinen und Fendern zu kontrollieren. Und in der Tat mussten Leinen gefiert und neu gezurrt werden, um Yachten und Kutter den nötigen Spielraum bei weiter steigendem Wasser und stetigem Wind zu geben. Am späten Nachmittag aber waren alle Vorbereitungen getroffen; die Kontrollgänge zeigten, dass die Vorsorge gereicht hatte. Morgen soll der Wind im Lauf des Tages nachlassen. Wir haben das erste Herbst-Hochwasser hinter uns.
Klaas

Normalerweise müssen wir nicht hochklettern, wenn wir in den Kutter steigen wollen, und wir bekommen dabei auch nicht nasse Füße – außer wir gucken nicht hin und treten daneben … Foto: Jörn
Eben war das Wasser noch vor der Mole; nun kommt es langsam über die Kante. Foto: Jörn

Wenn das Trinkwasser knapp ist

Was in Deutschland normal ist – Trinkwasser aus jedem Wasserhahn –, das ist in Dili in Timor-Leste eher die Ausnahme. Und dies stellt unsere Weltumsegler Asha und Helge vor echte Probleme. Foto: Aßmann/Reich

Die Yacht „Gegenwind“ von Asha Reich und Helge Aßmann sitzt mit ihrer kleinen Crew seit mittlerweile neun Monaten vor Dili in Timor-Leste fest, der Corona-Pandemie sei „Dank“. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten und den damit verbundenen Wetteränderungen drängt es zur Weiterfahrt. Doch alle erreichbaren Stationen „hinter dem Horizont“ winken ab: Australien, Indonesien, Thailand, Malaysia … niemand will den Durchreisenden vorläufiges Quartier geben. Und Südafrika ist ohne einen Werftaufenthalt für die „Gegenwind“ zu risikoreich.

Dazu kommen die alltäglichen Probleme: Die Beschaffung von Trinkwasser ist in einem Land, in dem das Regenwasser zu schmutzig zum Trinken ist und Wasserhähne entweder nicht vorhanden sind oder nur Brauchwasser liefern, ein ganz eigenes und durchaus kostspieliges Abenteuer. Wie Asha und Helge das lösen, erfahrt Ihr im aktuellen Beitrag ihres Logbuchs.
Klaas

Feriensegeln: Keks oder Kentern?

Kutterführer zur Steuerfrau: „Da hinten geht es zu den Keksen …“ 😉 Foto: Mirco

Es sind Herbstferien. Es ist Anfang Oktober, sogar „Tag der deutschen Einheit“; aber es ist auch Sonnabend, also Segel-Tag. Das Wetter ruft allerdings nicht gerade danach, „Optimisten“ und größere Jollen in die Förde zu werfen. Also ist wieder „Fritjof“ an der Reihe. Was täten wir nur ohne den guten alten Kutter? Nicht neu, nicht schnell, aber gutmütig, zuverlässig und immer für einen Ausflug bereit – auch bei fünf bis sieben Beaufort aus Ostnordost …

Alle mal zeigen, wie viele Kekse sie gegessen haben: Die Förde ist unser; allerdings ist es kein großes Wunder, dass bei diesem Wetter nicht viele andere Wassersportler raus wollen. Foto: Jörn

Zunächst muss es der Kutter aus dem Hafen selbst schaffen, gar nicht leicht unter diesen Bedingungen. Der Hilfsmotor wird angeworfen, also Muskelkraft an vier Riemen. Nur leider drückt der Wind das hohe Boot in Lee an die Wand; da ist kein Platz mehr zum Pullen. Also Plan B: immer an der Wand entlang ziehen, bis das freie Wasser erreicht ist. Und dann geht wie immer alles ganz schnell, und das nur unter Fock und Besan.

Wen interessiert denn schon das Wetter, wenn man segeln kann? Mirco und Arne halten die Schoten fest und fröhlich in den Händen. Foto: Jörn

Liv behält in der kommenden Zeit die Pinne fest im Griff; die Windstärke ist für die Steuerfrau kein Problem – außer in einem Moment, in dem sie von der Crew gemeinerweise mit dem Thema „Manöverkekse“ abgelenkt wird. So etwas macht man ja auch nicht; da ist die Truppe selbst schuld, dass Wasser an Backbord über das Runzelbord schwappt … 😉 Als es wieder ins Hafenbecken zurückgehen soll, ist die Besatzung schon wegen der Bedingungen dort gewahrschaut. Mit gefierten Segeln lässt die Truppe ihren „Fritjof“ ins Becken drücken. Dann folgt vor der richtigen Box der perfekte Aufschießer – und fertig. Mittlerweile ist so viel Routine und – Achtung, Selbstlob – Können im Spiel, dass die Saison gern wieder von vorn beginnen könnte.
Stephan + Klaas

Eigentlich darf es immer so weitergehen: Hannes, Arne, Michel, Stephan und Simon (von links) haben wieder mal richtig Spaß auf der Förde. Foto: Jörn