Und vor dem Steg kam das Riff

Endlich nach 23 Monaten wieder an einem Steg in einer Marina angelegt. Foto: Asha & Helge

Asha Reich und Helge Aßmann auf ihrer Yacht „Gegenwind“ haben es geschafft – endlich. Nach 23 Monaten (!) haben sie mit ihrem Boot zum ersten Mal wieder eine Landverbindung an einem Steg in einer Marina in Phuket in Thailand. Die Pandemie hatte ihren Weltreiseplänen ja wirklich gründlich einen Strich durch die Rechnung gemacht, wie Ihr hier laufend lesen konntet. Vor dem Anlegen kam allerdings noch ein Schreck, mit dem die beiden wirklich nicht rechnen mussten: Nach Verlassen ihres Quarantäne-Ankerplatzes lief die „Gegenwind“ trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kurz vor Niedrigwasser auf ein unkartiertes Riff auf. Mit einiger Hilfe schaffte es „Gegenwind“ zum Glück wohl unbeschädigt von dem Hindernis herunter und konnte wenig später festmachen. Die ganze Geschichte lest Ihr im Logbuch der „Gegenwind“.
Klaas

Die Flotte wird abtransportiert

Die nächste Fuhre Jollen wird für den Abtransport nach Bokel vorbereitet. Vorplatz und Bootshalle werden immer leerer. Foto: Tina

Ein Wochenende mit krummen Rücken, reichlich beanspruchten Händen und auch sonst einer Menge Anstrengung für die Beteiligten. Guido und Finja hatten bereits die ersten vier Jollen nach Langwedel gezogen und dort zwischengeparkt. Drei „Schleppzüge“ hatten dann anschließend Boote im Konvoi weiter nach Bokel gebracht, wo wir als Winterlager einen Hallenplatz für die Jollen bekommen haben. In dem ehemaligen Kuhstall ließen Malte, Guido und Finja ihren Erfindungsreichtum spielen, um aus dem ebenfalls mit transportierten Holz die passenden Lagergestelle für die Boote direkt vor Ort zu messen, zu sägen, zu schrauben.

Was noch nicht für das Bootslager vorhanden ist, baut Malte in Windeseile vor Ort mal eben selbst aus dem vorhandenen Material. Foto: har

Elke und Uwe, bei denen wir mit unseren Segelgefährten unterschlüpfen dürfen, waren die ganze Zeit mit Rat und Tat – sowie Keksen und Heißgetränken – helfend dabei. Aber als wir dann mit dem Boots-Tetris für diesen Tag fertig waren, merkten alle ihre schmerzenden Rücken und wunden Finger. Denn für den großen Umzug von Kiel nach Bokel sollten noch weitere Termine folgen.

In der ersten „Welle“ werden Jeton, Youngster, 470er und ein Laser gestapelt. Foto: har

Und so folgte nur kurz darauf das nächste Alle-Frau/Mann-Manöver an beiden Orten: Nach den ersten drei Besen-Aktionen hinter dem Vereinsheim hatten sich erneut massenhaft Laub und Reisig auf dem Parkplatz gesammelt. Und so griff eine kleine unermüdliche Gruppe ein hoffentlich letztes Mal in diesem Jahr zu Besen, Schaufeln und Schubkarre. Stundenlang wurde gefegt und gesäubert – als schließlich die Dunkelheit einbrach, durften wir den Platz mit Fug und Recht als „besenrein“ bezeichnen.

Die „Schwimmkörper“ des Kutters werden für die Winterzeit geborgen und in die Lasten gebracht. Foto: Tina

Parallel dazu kümmerten sich weitere Mitglieder um unseren Kutter „Fritjof“. Zwar war er schon sauber und überplant; aber die als Auftriebskörper dienenden Schwimmnudeln mussten noch aus den Hohlräumen des Bootes gezogen und in sauberen Bündeln in den Lasten gestapelt werden. Da das große Ruderblatt des Kutters am Wochenende zuvor schon seine Metallbeschläge „verloren“ hatte, konnte es nun auch Lack und Antifouling an den Kragen gehen. Da das Wetter halbwegs hielt, waren die Schleifarbeiten zum Glück im Freien möglich.

s Tapfer durchgehalten: Die vierte Aktion zum Säubern des Vereinsplatzes in diesem Herbst. Foto: Tina

Damit die Außenbordmotoren nicht mit Salzwasser in den Leitungen überwintern, füllte Malte eine große Tonne mit Süßwasser. Und so wurden die ersten Aggregate – möglichst leise – angeworfen und gründlich durchgespült. Während in Kiel immer weiter gerackert wurde, machte sich der nächste Konvoi auf in Richtung Bokel, um das dortige Bootslager weiter zu füllen. So leert sich der Platz immer weiter. Spätestens, wenn der Kutter zum Durchtrocknen in der Bootshalle verweilt, wird bei uns in Kiel eigentlich nichts mehr von außen sichtbar sein, das darauf aufmerksam macht, dass hier eigentlich gesegelt wird.
Klaas

Mit Druck und Gefühl: Jens schleift gleich mal eben das Kutter-Ruder ab. Foto: Tina

Edles Holz und ganz besonderes Handwerk

Ein gelungener Ausflug von der Kieler an die Flensburger Förde: Thomas Geburzky (7. von links) führte uns durch den Werftbetrieb von „Robbe & Berking“. Foto: Fe

Es sind Namen wie „Nini Anker“, „Sphinx“ und „Jenetta“, die viele Seglerinnen und Segler von Bildern oder aus Geschichten kennen. Einige der berühmten „12er“ sind regelmäßig zu Besuch auf der Kieler Förde; aber diese hölzernen Segel-Legenden von ganz Nahem zu sehen, die Hölzer und Lacke zu riechen – und etwas mehr Hintergrund zu jedem Boot zu erfahren: Das ist schon etwas ganz Besonderes.

Die Idee, beim Robbe & Berking Yachting Heritage Centre in Flensburg anzuklopfen, war schon länger in unseren Hinterköpfen gewesen. Denn bei Besuchen von Kunst- und Foto-Ausstellungen war manchmal ein großes Tor in eine benachbarte Werfthalle offen geblieben und ein kleiner Blick auf die dort abgestellten Schönheiten zu erhaschen gewesen. Aber die Pandemie-Lage hatte es nicht zugelassen, das Thema früher anzugehen. Nun war es endlich soweit. Und die vorsichtige Anfrage im Spätsommer bei Robbe & Berking, ob vielleicht ein kleiner Segel- und Jugendverein aus Kiel mal durch die heiligen Hallen in Flensburg streunen dürfte, wurde von dort umgehend positiv beantwortet – verbunden mit einem Tipp: „Am besten machen wir den Termin ab November. Dann sind bei uns die Boote aus dem Wasser gekommen und in den Hallen im Winterlager und in der Werkstatt zu sehen.“ Ein Hinweis, den wir sehr gern annahmen.

Thomas erzählt uns die ersten Hintergründe zur Entstehung des Heritage Centres. Foto: mor

So trudelten wir also am Sonnabend mit einer Gruppe von knapp 20 Personen am Harniskai in Flensburg ein. Und dort wartete die nächste große Überraschung auf uns, als der von Robbe & Berking angekündigte „erfahrene Führer und begeisterte Segler, der ganz viel erzählen kann“, zu uns stieß. Wir kannten ihn nämlich. Und zwar richtig gut: Vor uns stand Thomas Geburzky – bei der Marine-Jugend Braunschweig „groß geworden“, jahrzehntelanger Organisator der Marinekutterregatta zur Kieler Woche und in der Tat auch ein erfahrener 12er-Skipper, der auf diesen Schönheiten viele tausend Seemeilen unter dem Kiel abgeritten hat. Das „Hallo“ war entsprechend groß.

Was dann folgte, war eine grandiose Lektion über anderthalb Stunden: Wie entstand die berühmte Zwölfer-Formel? Was floss in die Berechnung mit ein? Welche Boote wurden nach welcher Variante gebaut? Wo kommt das Holz her? Wie wird es bearbeitet und gelagert? Wie entstehen die Holzmasten? Wie wird lackiert und geklebt? Dazu lieferte Thomas viele spannende Details zur Entstehung der Robbe&Berking-Werft, Grenzerfahrungen mit und Anekdoten zu den 12ern. Aber besondere Eindrücke erlebte unsere Besuchergruppe natürlich, als wir dann vor jedem einzelnen dieser Boote standen und weitere Details zur Geschichte erhielten. Immer wieder begegnete uns auf dem Rundgang Oliver Berking selbst, der dann auch irgendwann nach unserer Herkunft fragte: „Seid Ihr eine große Familie?“ Eigentlich hätten wir Ja sagen können, aber Janek und Finja erklärten schon den Hintergrund dieser „Marine-Jugend-Familie“. Und in Folge fabulierten wir untereinander darüber, ob es nicht sehr schick wäre, einen Kutter aus dieser Werft zu bekommen … Malte brachte uns alle auf den Boden der Tatsachen zurück, als er anmerkte, dass wir dann bei Regatten immer absichtlich hinterher segeln müssten, weil wir viel zu viel Angst hätten, dass einem solchen Boot etwas passieren könnte.

Beim Abschlussgespräch unter vier aufgepallten 12ern stellte Jörn dann eine Frage an Thomas, über die zunächst alle lachten, bei der Antwort dann aber feststellten, dass es dazu gar keinen Grund gab. Denn Jörn wollte wissen, wie sich die 12er im Vergleich zu Marinekuttern segeln lassen, welches Gefühl man auf diesen Boote habe. Thomas sagte: das gleiche Gefühl. Denn die Segeleigenschaften seien – von Segelfläche und Geschwindigkeit bestimmt mal abgesehen – sehr ähnlich. Er verwies dabei unter anderem auf die Eigenschaften des langen Kiels und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Wende. Wer jemals mit einem Kutter in der Wende plötzlich stehen geblieben ist, weiß, was er meinte. „Wenn man beim 12er in der Wende das Vorsegel nicht exakt herumnimmt, läuft er einfach weiter – nach dem Motto: Das wolltest du doch jetzt wohl gar nicht“, erläuterte Thomas. Vielleicht war die Anmerkung ein kleiner Fehler unseres eloquenten Führers; denn als wir wieder auf dem Parkplatz standen, erzählte die kleine Truppe nicht nur von einem Robbe & Berking-Kutter, sondern davon, selbst an Bord eines 12ers mitfahren zu dürfen. Wenn Thomas und das Robbe & Berking-Team beabsichtigt haben sollten, uns einen Segel-Traum für die kommende Winterzeit einzupflanzen, ist ihnen das jedenfalls rundum gelungen. Und so können wir mit leuchtenden Augen und feuchten Händen nur ganz einfach Danke sagen für diesen wunderschönen Vormittag in Flensburg!
Klaas

Schwergewichte sitzen hoch und trocken

Husch, husch, ins Körbchen … Kutter „Fritjof“ fliegt direkt aus der Förde zu seinem Winterliegeplatz vor dem Marineheim. Foto: Fe

Und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Nachdem der zunächst geplante Kran-Termin für die großen Boote wegen der schaurigen Wettervorhersage im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser gefallen war, zog eine kleine Truppe die Aktion nur drei Tage später in Windeseile durch. Ursprünglich hatten die Boote an einem Freitag gekrant werden sollen – mit reichlich Vorlauf und genug „Personal“ zum Helfen. An einem Montagnachmittag sind die Mitglieder natürlich nicht ganz so leicht zu mobilisieren, wenn Schule, Universität und Arbeitgeber völlig zurecht Vorrang in der Zeitgestaltung erhalten. Aber komisch: Irgendwie klappt es immer, dass genau die passende Anzahl „Mitarbeitender“ ihren Weg zum Vereinsgelände findet. 😉

Muscheln ernten: Die Arbeits-Crew befreit den Kutter von unerwünschten Mitreisenden. Foto: Fe

Alle geplanten Boote waren ebenfalls rechtzeitig am Steg – wichtig, weil der stärkste „Arbeitsmuskel“, Thomas mit seinem großen Fahrzeugkran, sogar früher als geplant an der Kiellinie angekommen war. Auch über das Wetter gab es keine Beschwerden: wenig Wind und ansonsten so schlecht und trübe, dass sich niemand darüber ärgern musste, anderweitig vielleicht etwas zu verpassen.

Sitzt, passt, wackelt … „Fritjof“ ist auf seinem Winterwägelchen angekommen. Foto: Fe

Als erstes schwebte die „Regulus“ an Land. Und niemand, der das Boot und unsere Kran-Aktionen kennt, wunderte sich darüber, dass die kleine Varianta die gleichen „Zicken“ machte wie sonst auch – sprich: Wenn es ins Wasser geht, will das Kielschwert nicht ausfahren; geht es aus dem Wasser heraus, will das Kielschwert nicht wieder rein. Aber mit gutem Zureden, Schraubenzieher, Hammer und passendem Spray drückte es sich eben irgendwann doch in den Rumpf. Auch wie immer…

Ruder ist ab. Dann ist das Hinterteil des alten ZK-10 auch nicht ganz so schwer. Foto: Fe

Eine – positive – Überraschung gab es allerdings an allen Booten: Das obligatorische Befreien von Bewuchs fiel recht übersichtlich aus. Die Seepocken hatten zwar erneut jede erdenkliche Lücke gefunden. Aber sie waren nicht im gleichen Umfang an den Unterseiten der Boote kleben geblieben wie in den vergangenen Jahren; gleiches galt für die Kolonien aus winzigen Muscheln. Die Möwen, die schon erwartungsvoll mit „umgebundenen Lätzchen“ am Rand des Geschehens auf ein Festmahl warteten, zeigten sich bitter enttäuscht.

Nachdem das große Schlauchboot auf seinen Trailer gesenkt worden war, hob es die Crew zunächst am Bug an, um eventuell in den Zwischenboden eingedrungenes Wasser ablaufen zu lassen. Sagen wir es mal so: 1. In der Winterarbeit warten Abdichtungsmaßnahmen. 2. Die Massen, die aus dem Zwischenboden liefen, ließen uns ernsthaft daran zweifeln, dass das wirklich alles nur aus dem Zwischenboden kommen konnte. Das mit dem Ankippen erwies sich gleich darauf als schlechtes Vorbild. Was der schon kann, kann ich schon lange, schien sich die „Colombina“ nebenan zu denken und setzte ihren Trailer ebenfalls nach achtern in Schräglage, allerdings ungewollt. Und so musste Thomas mit dem Kran erneut kommen, das Boot komplett anheben und diesmal ein Stück weiter vorn wieder auf den Hänger setzen.

Möwen füttern ist in Kiel verboten. Aber diese drei Kumpel werden nicht gefüttert; sie helfen gegen Kost und Logis beim Aufräumen. Foto: Fe

Spektakulär geriet dann wie immer das Kranen von „Fritjof“. Als der Unterboden gesäubert und die frustrierten Möwen abgezogen waren, hob Thomas den alten ZK-10 in einem großen Schwung über die ganze Kiellinie, die Rasenfläche und die angrenzenden Buschreihen bis auf den Parkplatz hinter dem Vereinshaus. Dort wartete bereits die „externe“ Kutterbesatzung mit dem großen Holzwagen und ließ das große Boot langsam und mit viel Gefühl auf das rollende Winterlager herab. Alle gekranten Boote wurden zunächst auf den Parkplatz geschoben und gesichert. Thomas, der mit seinem Kran wieder Super-Arbeit abgeliefert hatte, wurde mit viel Hallo und einer Einladung zur Nikolaus-Regatta verabschiedet. Das endgültige Säubern und Einpacken der Boote war an diesem Tag aber nicht mehr möglich: Als wir schließlich mit allem fertig waren, standen wir in der Finsternis. Der Rest musste bis zum nächsten Gruppennachmittag warten, was beim Hausherren, der Marinekameradschaft, allerdings nicht auf große Freude traf.

Der Kutter bekommt ein Dach für den Winter. Liv und Malte bauen den „Dachstuhl“. Foto: har

Und so ging es fünf Tage später erneut ans Werk. Wieder kam eine kleine unermüdliche Crew zusammen und machte auf dem Vereins-Parkplatz Klar Schiff. Die Boote wurden umfänglich gesäubert, der Platz ebenso. Die „Colombina“ wurde mit Persenning versehen und zum Abtransport fertig gemacht. „Regulus“ und „Fritjof“ erhielten ihre Winterdächer aus Holzgestellen und wurden abgeplant – „Regulus“ auf ihren Liegeplatz bei unseren Nachbarn von der Rudergesellschaft „Germania“ geschoben, das Ruderblatt des Kutters von den Beschlägen befreit und in die Bootshalle transportiert.

Nach dem Saubermachen der Boote folgt das Saubermachen der Umgebung. Ole und Finja schrubben, Christiane spült mit dem Schlauch hinterher. Foto: har

Nach etlichen Stunden Arbeit an diesem Tag waren alle Beteiligten müde, schmutzig und klatschnass. Aber zumindest die wichtigsten Arbeiten im Zusammenhang mit dem Ende der Segelsaison waren damit erledigt. Und am Ende dieses Wochenendes zeigte sich auch der Parkplatz wieder fast komplett frei von jeglichen Booten.
Klaas

Constantin befreit mit allerlei Werkzeug das Ruderblatt des Kutters von seinen Stahlbeschlägen. Foto: har