Wenig Wind – also viele Segel

Endlich wieder ein funktionierender Baumniederholer am Großbaum des Kutters: Jörn (links) und Stephan trimmen das Großsegel von „Fritjof“. Foto: har

Zweite Woche der Sommerferien in Schleswig-Holstein, aber für das Kuttersegeln bekommen wir noch immer genug begeisterte Seglerinnen und Segler zusammen. Auch heute liefen wir mit „Fritjof “ wieder zu unserer gewohnten Donnerstags-Tour in die Kieler Förde aus, zwar auf trockenen Duchten, aber mit feuchten Schoten in den Händen. Stephan hatte das Boot zuvor lenzen müssen; in den vergangenen Tagen hatte es kräftig geregnet, natürlich auch in den Kutter hinein.

Für den kleinen Flieger am Klüverbaum gab es heute zu wenig Wind über der Kieler Förde. Also wurde ein größeres zweites Vorsegel angeschlagen: Vor der Genua blies sich ein Klüver auf. Und es funktionierte. Foto: har

In dieser wegen der Corona-Pandemie sehr ungewöhnlichen Saison haben wir es uns angewöhnt, kräftig mit unserem ZK-10-Kutter zu experimentieren. Bei wenig Wind wagten wir uns heute daran, mal wieder unsere Segelfläche zu vergrößern. An unserem Klüverbaum, den es in dieser Kutterklasse gar nicht gibt, hatten wir bisher vor Fock oder Genua in luftiger Höhe einen so genannten Flieger gefahren – eine ehemalige Sturmfock, die an „Fritjof“ ein zweites Leben erhalten hat. Heute bogen wir vom Liegeplatz gleich wieder in Richtung Innenstadt ab, um Kurs auf unseren Vereinssteg zu nehmen und aus dem Vereinsheim noch ein Focksegel zu holen. Der Aufschießer vor dem Steg geriet uns so schwungvoll, dass wir in letzter Sekunde noch eine Wende fuhren, die schon den Charakter eines „Manöver des letzten Augenblicks“ hatte. Immerhin war Jörn in Erwartung des Anlegens schon auf den Steg gesprungen und musste nun von außen den zweiten Anlauf abwarten. Aber damit war schon jemand an Ort und Stelle, um die Leinen von Land aus anzunehmen. Auf dem Weg ins Vereinsheim sahen wir, dass – mal wieder – der örtliche Fischbrötchenstand geschlossen hatte. Komischweise stellte fast die gesamte Crew spontan fest, dass dringend und sofort Fischbrötchen-Bedarf bestand. Also wurde der Klüver-Aspirant samt Segelsack nur in den Kutter gelegt. Und die ganze Truppe machte sich auf in Richtung „Camp 24/7“, wo wir zu Recht eine weitere „Futterstation“ vermuteten.

Selfie beim Warten auf Fischbrötchen: Wenn die Crew spontan Hunger auf Matjes, Backfisch, Lachs und Fischfrikadellen entwickelt, sollte man dem Bedürfnis nachgeben. Sonst wird das nichts mit harmonischer Segelei. Wirklich nicht! Foto: har

Nachdem viele Fische in vielen unterschiedlichen Zubereitungen den Weg in hungrige Mägen gefunden hatten, wurde das zweite Vorsegel angeschlagen. Auch der lange schmerzlich vermisste Baumniederholer am Großsegel war repariert und funktionsfähig. Und so suchten und fanden wir den Weg zurück auf die Förde, an der Pinne wieder Liv, die es heute gar nicht so leicht hatte mit mehreren Kutterführern und Segellehrern an Bord, die auch wirklich alles besser wussten. Aber die Frau am Ruder zeigte, dass sie sich durchsetzen konnte. Wer nicht auf Kommandos hörte, merkte es eben, wenn spontan der Baum herumkam, das Segel ins Gesicht klatschte oder man plötzlich unten in Lee verdächtig nah am vorbeirauschenden Wasser saß. Allerdings konnte sie bei dem Segel-Berg, den wir heute mitführten, von achtern auch nicht immer alles gleich sehen – also so etwas wie Fördedampfer, Colorline-Frachtfähren, Fahrwassertonnen, kreuzende Drachen- und Ruderboote, Kinder in ihren kleinen Optimisten. Aber: Wir wurden nicht versenkt; wir versenkten niemanden. Und wir rammten auch nichts, nicht einmal ein klitzekleines bisschen … Wenn es dann ein wenig zu laut, frech oder unaufmerksam im Boot wurde, gab es rustikale Möglichkeiten, die Konzentration zu steigern. Da bekam Cathrine an der Besanschot von der Steuerfrau hinter ihr eben mal eine Kopfnuss, ganz leicht und vorsichtig wohlgemerkt, was dann eher zur Erheiterung auf dem Kutter führte. Stephan kommentierte die Kommunikationsfreude im Boot auch trocken mit: „Schnacken könnt Ihr in der Matrix (dem Sytem, das wir vereinsintern zur gegenseitigen Information nutzen). Beim Segeln ist Aufmerksamkeit gefragt!“

Harmonie im Achterschiff, auch wenn die Aufmerksamkeit schon mal mit einer angedeuteten Kopfnuss erheischt wird. Foto: har

In jedem Fall waren wir aufmerksam genug, um sicher und mit Schwung wieder zu unserem Liegeplatz zurückzukehren, und mittlerweile routiniert genug, um das Boot schon beim Rückwärtseinparken in die Box aufgeklart, die Segel abgeschlagen und das Tauwerk sorgfältig aufgeschossen zu haben. Allen äußeren Einschränkungen bisher zum Trotz ist die Seglerinnen- und Segler-Gruppe auf dem Kutter inzwischen wieder so mit der Materie vertraut, dass sie selbstbewusst auftritt. Und das zu Recht.
Klaas

Die Handgriffe sitzen, vorausgesetzt alle an Bord hören auch zu… Foto: har
Cara hat das Kuttersegeln für sich entdeckt. Kutterführer Jörn nimmt aber auch allen Einsteigern bei dieser Bootsklasse die erste Furcht. Foto: Krug
Christiane kümmert sich um ihre Großschot – auf die Vorfahrtsregelungen voraus muss sich die Steuerfrau kümmern. Foto: har
Stefan (links) und Stephan (rechts) behalten gemeinsam mit Jörn den Überblick an Bord. Foto: har
Die Wetterverhältnisse bei der heutigen Tour sind so angenehm, dass genug Raum und Zeit für Diskussion und Erklärungen im Kutter bleiben. Foto: har

Wasser von unten – Wasser von oben …

Noch ist draußen mehr Wasser als drinnen – und der Kutter läuft wie ein Häschen unter Segeln. Foto: Jörn

Noch gar nicht lange her, dass wir an dieser Stelle gemeckert haben, dass es uns ausgerechnet immer an unserem Segel-Sonnabend mit schlechtem Wetter erwischt. Das Schimpfen scheint irgendwie gewirkt zu haben, nur nicht so, wie wir es uns gewünscht hatten: Heute standen wir am frühen Nachmittag auf dem Steg und blickten erst prüfend in alle Himmelsrichtungen und dann auf die Wettervorhersagen. Leider war das Ergebnis überall das Gleiche: zu viel Wind bei gleichmäßigem Regen und mäßigen Temperaturen. Opti-Segeln war damit für heute gestorben, Jollen-Segeln gleichfalls. Dennis und Jörn, die eigentlich mit unserer Albin Vega „Johanna“ an einer 24-Stunden-Regatta hätten teilnehmen wollen, ließen ebenfalls Vernunft walten und ließen die Aktion bei Böen von sieben Beaufort lieber bleiben.

Was ziehen wir bei diesem Wetter hoch? Wenn alle anderen Boote drinnen bleiben müssen, hat ein Kutter immer noch Potential. Foto: Fe

Gewitter über und eine geschlossene Eisdecke auf der Förde sind die einzigen Begründungen, die das Segeln bei uns strikt verhindern. Solche Unbill war allerdings nicht in Sicht. Und was zieht uns in solchen Situationen immer aus dem Schlamassel und gleichzeitig auf das Wasser? Richtig. Unser Kutter. Die Bauweise eines klassischen Rettungsbootes bietet schließlich noch Möglichkeiten. Und da die Kutterführer Jörn und Stephan sowie unsere völlig unerschrockene Steuerfrau Liv bereit standen, war die Entscheidung getroffen: schnell ins große Motorboot und alle zum Liegeplatz von „Fritjof“. Emily zeigte sich erst etwas skeptisch, hatte sie sich schon so auf das Opti-Segeln gefreut und waren die äußeren Bedingungen doch recht „eindrucksvoll“; aber auch sie gab sich einen Ruck. Der große Kutter wurde seeklar gemacht.

Wer traut sich bei diesem Wetter raus? Robuste Schlepper und robuste Marinekutter – und wenn Emily sowie Liv am Ruder dabei sind, kann doch eh nichts passieren. Foto: Jörn

Es zeigte sich wieder einmal, dass diese uralte Boots-Klasse geradezu beneidenswert flexibel ist. Unter Besan und ein, zwei kleinen Vorsegeln – mehr war heute nicht nötig, aber ehrlicherweise auch nicht drin – glitt „Fritjof“ ins freie Wasser. Wer sich schon selbst unter Segeln auf den Weg gemacht hat, weiß um die Freude, die dabei entsteht. Fieser Nieselregen, Böen und schlechte Sicht? Egal. Auch Emily bekam schnell ihren Spaß an der Sache. Als die Tour vorbei war, kam die gesamte Crew tropfnass wieder an Land. Aber sie hatte sich vom Wetter nicht ins Bockshorn jagen lassen. Sagen wir doch einfach mal wieder mit einem Augenzwinkern: Danke, „Fritjof“! Natürlich waren die obligatorischen Fischbrötchen fällig, heute aber beim langsamen Trocknen von Segelkleidung und Insassen lieber im Gruppenraum …
Klaas

Arne und Louis zeigen ihren Fischbrötchen, was eine Harke ist. Nach der Kutter-Tour heute haben sie es sich aber auch redlich verdient. Foto: Jörn
Soweit man es bei diesen Bedingungen sehen kann, ist niemand so „irre“ und segelt heute auf der Förde … oder etwa doch? 😉 Gleich kommt hier ein Marine-Jugend-Kiel-Kutter vorbei. Foto: Fe
Yeah! Heute ist richtig Zug auf der Leine. Arne merkt die Windbedingungen in seiner Schot. Foto: Jörn

„Lasst uns mal Fischbrötchen holen …“

Endlich wieder festen Boden unter den Füßen … Liv, Cathrine, Arne und Louis machen auch wirklich einen sehr ausgehungerten Eindruck … Foto: har

Ferienzeit war in den vergangenen Jahren eigentlich überwiegend Ruhezeit im Vereinsleben. Aber angesichts der Einschränkungen der vergangenen Monate lässt auch bei uns niemand freiwillig ein Boot am Liegeplatz dümpeln, wenn es nicht unbedingt sein muss. Und so hieß es für unseren Kutter „Fritjof“ eben auch heute wieder „Leinen los“. Kaum aus dem Hafen heraus stellte Steuerfrau Liv die sehr berechtigte Frage nach dem Wohin. Nicht, dass wir uns vorher darüber Gedanken gemacht hätten – Hauptsache erstmal weg. Der bequemste Kurs war der Richtung Norden. Also ließen wir den Kutter dorthin laufen.

Stephan balanciert auf dem Runzelbord, um den Verbandsstander mit einem Stopperstek wieder in Form zu bringen. In diesem Fall sind Stil und Form wichtiger als der Trimm des Kutters. Foto: har

In Sichtweite der Zufahrt zum Nord-Ostsee-Kanal stellte sich bei der Mehrheit der Besatzungsmitglieder ein unzähmbares Hungergefühl ein. Konsequent wurde die Diskussion um den weiteren Kurs an Bord ausschließlich unter dem Aspekt der Erreichbarkeit akzeptabler Fischbrötchen geführt. Qualitätsgesichtspunkte sowie die Möglichkeit, einen vorzeigbaren Aufschießer vor Publikum auszuführen, reduzierte die Auswahl auf den Tiessenkai in Holtenau. Ganz artig hielten wir uns mit „Fritjof“ von dem Zufahrtsgebiet des Kanals fern und schlugen einen weiten Haken, bis wir vor dem ehemaligen Gelände des Marinefliegergeschwaders 5 einschwenkten. Mit einigen deutlichen Anweisungen von Kutterführer Stephan gelang auch das Anlegemanöver wie erhofft. Unser kleiner Zweimaster machte in Sichtweite der Lokale des Tiessenkais fest – kurz vor einem etwas größeren Zweimaster, dem Marstal-Schoner „Zuversicht“, der ebenfalls am Kai festgemacht hatte. Aufklaren war überflüssig. Der Wind stand so gut, dass die Segel sogar oben bleiben durften. Und die ganze Truppe ließ sich vom inneren Kompass in Richtung Fischbrötchen ziehen.

Das Warten auf das Essen ist viel leichter, wenn man weiß, dass die ersehnten Fischbrötchen alle ganz frisch zubereitet werden. Foto: har

Das Crew-Abendbrot ließ dann noch etwas auf sich warten, denn unsere Bestellung wurde Stück für Stück frisch zubereitet. In der Gewissheit, dass das Grundbedürfnis Nahrungszunahme bald befriedigt wird, war die Zeit aber gut auszuhalten. Es war gutes Wetter, angenehmes Segeln, die Zeit drückte nicht. Also genossen alle die Pause. Cathrine und Liv machten sich zudem auf, mit der Besatzung des Schoners „Zuversicht“ zu schnacken, so von Zweimaster zu Zweimaster … naja, die „Zuversicht“ hat 22,5 Meter mehr Wasserlänge ….

Volle Mägen segeln besser: Liv steuert uns weder von Holtenau weg. Foto: har

Gestärkt legten wir in Holtenau wieder ab und gingen auf Heimatkurs. Den Weg um das Zufahrt-Sperrgebiet des Kanals nahmen wir (fast) so genau wie auf dem Hinweg. Es drängte niemand. Der Wind hatte abgenommen, sodass die Tour regelrechten Kaffeefahrt-Charakter annahm – Louis streckte sich mal eben auf einer Ducht aus und verkündete: „Ich chill hier mal eben.“ Aber auch mit wenig Wind standen die alten Segel wie eine Eins, der Kutter lief mal wieder „auf Schienen“. Zu unserem Erstaunen gelang es einer größeren Yacht auf Parallelkurs nicht, uns zu überholen. Dabei waren bei uns heute nicht mehr als fünfeinhalb Knoten drin.

Auch wenn Stefan so aussieht, als ob er gerade überlege, wie der Achtknoten in der Großschot funktioniert: Er kann ihn – und die übrigen nötigen Knoten in unserem Gewerbe ebenfalls. 😉 Foto: har

Die Heimfahrt verlief weitestgehend ereignislos. „Fritjof“ spulte die Distanz auf einem Bug klaglos ab. Nach einer letzten Wende in die Hafeneinfahrt war allerdings plötzlich nichts mehr mit Segeln. Nun stand der Wind in der engen Einfahrt direkt von vorn. Andere Boote werfen in solchen Momenten ihre Maschinen an. Auf einem Marinekutter dagegen werden die Klappen von den Runzeln gezogen und die Riemen ausgefahren. Sprich: Die letzten Meter bis zu unserem Liegeplatz pullten wir „Fritjof“. Da damit schon die Gelegenheit bestanden hatte, sich gleichzeitig um das Tuch an den Masten zu kümmern, hatten wir in der Box auch gar nicht mehr viel aufzuklaren. Das Boot sauber, die Crew satt und zufrieden – und der nächste Segeltermin ist auch schon vereinbart.
Klaas

Fachgespräche unter Gaffelsegler-Seglern: Cathrine und Liv schauen am Tiessenkai mal bei der TS „Zuversicht“ vorbei. Foto: har
Entspanntes Segeln: Louis und Arne teilen sich die Bedienung der Fock, Stephan hat ein wachsames Auge auf alles. Foto: har
Und wie herum drehte sich gleich noch einmal diese Winsch? Klaas bemüht sich von achtern um den Flieger ganz vorn. Foto: bü
Das übliche Duo im Heck: Liv an der Pinne, Cathrine am Besan. Foto: har

Kleines Paradies zwischen Gewitterschauern

Ein Gewitter ist gerade über die Kieler Förde gezogen. In der Ferne über dem Ostufer grummelt es noch; da sind die Jollen schon ganz schnell wieder auf dem Wasser. Foto: har

Der Wetterbericht war heute kurz davor gewesen, uns einen kleinen Hauch schlechter Laune zu verschaffen – durchziehende Gewitter, wie schwer und vor allem wie viele: unklar. Das hatten wir an den vergangenen Wochenenden häufig genug „genießen“ müssen. Da aber mittags noch die strahlende Sonne auf das Vereinsheim schien, beließen wir es bei den wöchentlichen Vorbereitungen mit jeweils einer Hand am Schiff und einer Hand am Smartphone, um die Aktualisierungen der Wettervorhersage im Auge zu behalten. Die Opti-Gruppe kam auch nach Plan in die Gänge. Emily betrat das Vereinsgelände mit der Forderung, die Ausbildung mit einem Kenter-Training zu beginnen. Es sei heute einfach zu heiß … Aber es blieb bei der trockenen Variante; der Wind hätte für unfreiwillige Abgänge über die Seite heute auch kaum ausgereicht. Eine Kleinjolle nach der anderen legte vom Steg ab und bewegte sich zügig auf die andere Seite der Förde, immer bewacht von der motorisierten „Glucke“, dem Aufpasser-Schlauchboot.

Vor dem Eingang der Schwentine in die Förde gondeln die Optis munter hin und her. Foto: har

Das Ende des Opti-Segelns beendete dann zunächst auch die Glücksträhne des Tages: Im Südwesten Kiel zog eine dunkelblaue Wand hoch, von der klar war, dass sie demnächst den Segelbetrieb treffen würde. Alle Optimisten und ihre Seglerinnen und Segler kamen glücklich aus dem Wasser. Allerdings musste auch ein Begleitboot heraus. Der frisch überholte Außenborder hatte angefangen zu mucken. Aus den sporadischen Aussetzern wurde schließlich Grabesstille, wenigstens erst im Moment des Anlegens.

Die älteren Jollen-Crews hatten derweil längst damit begonnen, ihre Boote an Land aufzuriggen. Die Blicke gen Himmel hatten allerdings zur Folge, dass sich die Geschwindigkeit der Vorbereitungen drastisch beschleunigte. Immerhin bestand doch die Hoffnung, vor dem ersten Regenguss noch eine kleine Runde zu drehen. Ein 420er schaffte es, vom Steg abzulegen. Ein „Floh“ sollte gerade vom selbigen geschoben werden. Aber dann kam ein heftiger Donnerschlag, und leichter Regen setzte ein. Also alles kehrt marsch, Boote aus dem Wasser, Besatzungen ins Vereinsheim. Aus dem vereinzelten Donner war das befürchtete Gewitter geworden.

Schnell die Leine annehmen – und alle raus aus den Booten, das befürchtete Gewitter ist da. Foto: har

Kaum waren alle unter dem festen Dach, die Heiß- und Kaltgetränke herumgereicht, stand bereits im Donnergrollen der Entschluss, auf der Rückseite des Gewitters die Boote umgehend wieder ins Wasser zu bringen. Und tatsächlich stürmten wir nach einer halben Stunde wieder ins Freie. Das Gewitter war noch über dem Osten Kiels zu sehen. Aber die Windrichtung stimmte. Die Jollen stießen ab. Auch das malade Begleitboot war wieder dabei. Den kaputten Motor hatten wir gegen ein Ersatz-Aggregat ausgetauscht. Das ließ sich zwar zunächst auch bitten. Aber nach einigem Ausprobieren und gutem Zureden sprang der kleine japanische Zweitakter an und ließ uns auch nicht mehr im Stich.

Trau, schau wem … Stephan dreht mit dem Ersatzmotor für unser kleines Schlauchboot einige Runden, um Gewissheit zu erlangen, ob wir der Maschine auch wirklich trauen dürfen. Foto: har

Was nun folgte, war ein kleiner paradiesischer Höhepunkt auf der Förde. Windstärke 1 bis 2, lauwarme Sommerluft und einfach pures Wassersport-Vergnügen. Es war keine Akrobatik gefordert; niemand musste auf „die Kante“. Es ging einfach nur um etwas Genuss am Segeln. „Haben wir nicht eine tolle Truppe beisammen?“, fragte Stephan auch eher rhetorisch. Wir dehnten die beabsichtigte Dauer des Gruppennachmittags einfach um die verlorene Zeit an Land aus und nahmen dann wieder unseren Heimatsteg ins Visier. Dort angekommen, wartete bereits Malte darauf, unsere Leinen anzunehmen. Er war gemeinsam mit Dennis zu einem ersten Ausflug in dieser Saison mit unserer Albin Vega „Johanna“ unterwegs gewesen. Die beiden hatten beim Gewitter auch im nächst liegenden Hafenbecken Schutz gesucht. Nun ist für das Vereinsleben ja eigentlich Sommerferien-Pause. Eigentlich. Denn wer will schon so lange auf das Segeln verzichten? Und das nach einem traumhaften Tag auf der Förde? Also werden wir weitermachen – auf Zuruf. Die Wege, um an Informationen und Zeiten heranzukommen, sind ja schließlich allen Beteiligten bekannt … 😉
Klaas

Gute Laune auf dem Schlauchboot: Das Selfie ist der Beweis. Jörn und Louis haben Spaß an Bord. Foto: jö
Eins von beiden gezeigten Wasserfahrzeugen ist auch ohne Werftüberholung betriebsbereit. Okay, das war jetzt ein bisschen gemein – aber die „Floh“-Besatzungen hatten heute keinerlei Maleschen. Foto: har
Jollensegeln ganz gemütlich. Bleibt sogar genug Zeit für einen kleinen Plausch. Foto: har
Nicht nur unsere Jollen waren heute unterwegs. Dennis und Malte gehen auf einen kleinen Testschlag mit der „Johanna“. Foto: har
Wenn hier gerade kein Wind ist, kann einen das Motorboot halt dahin ziehen, wo es Wind gibt. Foto: har
Das Turngerät forderte Liv und Simon heute nicht. Der 420er mochte es geruhsam. Foto: har
Arne und Louis packen ihren „Floh“ aus. Gleich wird es hier allerdings etwas hektischer. Der Himmel wird sich verfinstern. Foto: har
Liv, Sina, Louis und Arne nehmen im großen Schlauchboot Platz. Die beiden Mädchen sind demnächst dran mit dem Sportbootführerschein. Dann dürfen sie das Boot auch selbst fahren. Foto: har
Nebenbei befreien wir unseren Piraten „Kassiopeia“ vom Antifouling. Eine Jolle, die nicht ständig im Wasser liegt, benötigt schließlich keinen giftigen Anstrich. Foto: har
Saubermachen und Aufklaren. Die Boote sollen beim nächsten Ausflug schließlich fit sein. Foto: har

„Mach Dir da mal nicht ins Hemd!“

Das Kreuzen in die Schwentinemündung gerät heute zu einem „Zick-Zack-Stichmuster“. Aber Steuerfrau Liv lässt sich auch von kreuzenden Fährschiffen und Traditionsseglern nicht aus der Ruhe bringen. Foto: har

Heute hätte ins Logbuch des Segelkutters neben den üblichen Eintragungen zu Wetter, Windrichtung und Windstärke eigentlich auch noch die UV-Belastung gehört: Stundenlang strahlender Sonnenschein über der Kieler Förde! Mit einer neunköpfigen Crew ging es aus dem Liegeplatz zum regulären Wochentörn. Die Geschwindigkeit, mit der wir durch das geschützte Hafenbecken rauschten, machte uns klar, dass wir lieber erstmal abwarten sollten, ob wir heute das ganze Tuch an die Masten bringen. Tatsächlich blieb das Großsegel dann angesichts des steten Ostwinds mit vier bis sechs Beaufort unten. Aber „Fritjof“ kam dennoch mit Besan, kleiner Genua und Flieger auf 6,3 Knoten Geschwindigkeit über Grund.

Spannendes Rätsel in Sachen Ausweichregeln: Ein Binnenschiff dreht Vollkreise in der Schwentinemündung, bevor es dann doch zum Beladen anlegt. Foto: har

Kleine Aufgabe heute für Steuerfrau und Crew: Aufkreuzen in die Schwentinemündung – mit dem Wind platt von vorn ein nicht unsportliches Ansinnen. „Klar zur Wende!“ „Ist klar!“ „Reeee!“ Und noch mal und noch mal und noch mal. Die Abstände zu Spundwänden und Liegeplätzen der anliegenden Sportboothäfen wurden immer geringer, die Kommandos immer sparsamer. Zum Schluss reichte Livs „Re!“ von achtern, und alles sprang von einer auf die andere Seite – oder auch nicht … Nachdem wir auch noch der Schwentine-Fähre zweimal ausweichen mussten, drehten wir den Bug zurück zur Flussmündung. Genug geübt. Raumer Wind trieb uns zurück zur Förde. Den zaghaften Versuch, doch noch das Großsegel auszupacken, beendeten wir in Sichtweite der neuerlichen Böenfelder. Nach dem Anlegen waren dann später plötzlich doch viele im Nachhinein ganz mutig und fragten halblaut, warum wir nicht doch unter Vollzeug gesegelt waren …

Vereins-Stander im Backbord-, der Verbands-Stander hier im Steuerbord-Want: Nach einer kleinen Auffrischung in der Flaggenführung durch unseren Sportwart Dennis haben wir unseren Kutter heute komplettiert. Foto: har

Kaum wieder auf der Kieler Förde wurden wir mächtig Richtung Norden geschoben. Stephan als Kutterführer testete den Trimm von Rigg und Segeln und war sehr positiv überrascht. Das große Boot zeigte sich so ausgewogen getrimmt, dass unsere Steuerfrau zeitweise die Hände von der Pinne nehmen konnte. „Fritjof“ segelte aufrecht wie auf Schienen. Deutlich größere Yachten fuhren durch unseren Sichtkreis, zwar mit mehr Segelfläche, dafür allerdings auch mit größeren Schwierigkeiten. Als wir dann den Entschluss gefasst hatten, trotz des Windes nicht nach Laboe durchzusegeln, folgte die Wende Richtung Heimathafen. Liv an der Pinne zeigte sich als Ruhe selbst. Als ein erschrockener Ruf vom Vorschiff kam, der auf einen zweimastigen Traditionssegler auf Gegenkurs hinwies, warf unsere Steuerfrau nur einen kurzen Blick unter dem Besan nach vorn und reagierte mit einem coolen: „Mach Dir da mal nicht ins Hemd“. Sie blieb auf Kurs. Und es kam übrigens nicht zur Kollision …

Eingeschworene Gemeinschaft: Trotz eines manchmal rustikalen Umgangstons halten Kutterseglerinnen und -segler an Bord immer zusammen. Foto: har

Mit dem Heimatkurs hatten wir uns aber doch ein bisschen verschätzt: Als wir rückwärts in unsere Box eingeparkt, die Segel zusammengepackt und verstaut, die Schoten aufgeschossen hatten, blickten wir auf die Uhr und sahen, dass wir viel zu früh eingelaufen waren. „Fritjof“ wird immer schneller. Aber macht nichts: Fe hatte für die Besatzung einen riesigen Beutel Fischbrötchen eingekauft. Und Stephan holte einen großen Korb frischer Erdbeeren aus seinem Wagen. So endete unsere heutige Kutter-Tour mit einem ausgelassenen Picknick auf dem Steg. Darf so weitergehen diese Saison.
Klaas

Heimatlicher Liegeplatz: Glücklicherweise sind von hier aus Vereinsheim, Fischbrötchen-Bude und Speiseeis-Stand nicht so weit weg. Foto: har
Müde, doch sehr zufrieden sitzen wir mit Fischbrötchen und frischen Erdbeeren über unserem aufgeräumten Kutter und besprechen die Segelei der vergangenen Stunden. Foto: Fe
Und ganz nebenbei … war heute auch Red-Hat-Day: Mit den roten Rollmützen erinnern nicht nur Cathrine und Klaas an den legendären Jaques Cousteau, der sich mit seinem Schiff „Calypso“ über Jahrzehnte für den Erhalt der Meere einsetze. Foto: har

Ritt über die Wellen – mal außer der Reihe

Windstärke 3, aber schon niemand mehr in Lee. Unser Kutter hat sichtlich Spaß – seine Crew auch. Foto: har

Der Montag ist normalerweise nicht unbedingt unser Haupt-Segeltag in der Woche. In dieser Woche ist das ausnahmsweise anders. Denn eigentlich ist gerade Kieler Woche; eigentlich sind gerade Marinekutterregatten auf der Förde; eigentlich ist der letzte Tag der Wettfahrten der ZK-10-Klasse. Eigentlich… In jedem Fall ist an diesem Tag aber die Ehrung der Marinekutterregatta-Organisation durch das Land Schleswig-Holstein. Und da wir dort sowieso hinwollen, um den „Machern“ dieser Regatta zu applaudieren, können wir auch gleich unseren Kutter zu einem Ausflug über die Förde treiben.

An der Pinne platzieren wir wieder Liv. Erstens hat sie langsam Blut geleckt, was das Steuern des schweren Bootes angeht. Und zweitens sind wir der Meinung, dass sie nun aktiv in die Ausbildung zur Kutterführerin einsteigen soll. Und da sie das Anlegen am Steg vor unserem Landesparlament eh schon einmal geübt hat, darf sie das heute gleich noch einige Male exerzieren.

Leinenmanöver am Landeshaus – die Sache mit dem Wurfleinewerfen setzen wir demnächst mal wieder auf die Todo-Liste der zu übenden Fertigkeiten… 😉 Foto: har

Mit gutem Wetter und blendender Laune an Bord klappen auch alle Manöver, wenn nicht beim ersten, dann eben beim zweiten Mal. Obwohl es heute um nichts geht, passen alle mehr als sonst auf die Segelstellung auf. Am Wind wird per Winsch auch das letzte Quentchen Schot angezogen. Dazu werden Feinheiten geübt: Wie wirkt der Wind? Wie wirkt die Abtrift? Das Ganze testen wir, indem wir große Fahrwassertonnen auf der Förde anlaufen. Der Wind ist stetig. Wenn es Böen gibt, dann kommen sie in so großen Feldern, dass die gesamte Crew häufiger auf die Luv-Seite des Kutters steigen und dort sitzen bleiben muss. Wir haben das Gefühl, dass unser Boot den Ausflug genauso genießt wie wir selbst. Wenn nur nicht ausgerechnet für diesen Abend auch noch eine Vorstandssitzung anberaumt worden wäre. Dann hätten wir noch mehr Zeit auf dem Wasser gehabt …
Klaas

Ansteuern einer Tonne. Nun kommt es darauf an: Woher kommt der Wind? Wie stark ist die Abtrift? Fehler wären hier schmerzhaft. Foto: har
Kurbel in die Winsch: Die Vorsegel bekommen wir noch etwas dichter und damit das Boot einige Grad höher an den Wind. Foto: har
Nein, Jörn legt sich nicht zum Schlafen hin: Ein Holzblock in der Schotführung des Besansegels hat den Geist aufgegeben. Gut, dass man an Bord eines solchen Gefährts ganz zufälligerweise immer ein paar Teile dabei hat, mit denen es sich improvisieren lässt. Foto: har
Finja steht im Bug und weiß, dass hier jetzt niemand plötzlich bremsen kann, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. 😉 Foto: har
Und bist du nicht willig … Sagen wir es mal so: Stephan überzeugt das Großsegel mit etwas Nachdruck, dass es seinen Widerstand aufzugeben hat. Foto: har
Ablegen am Landeshaus: Die Kuttersegler nutzen die Gelegenheit, außer der Reihe einen Ausflug auf die Förde zu unternehmen. Foto: har

Das „Blaue Band“ für die Marinekutter-Regatta

Gute Laune an Bord des Marine-Jugend-Kutters „Fritjof“: Ministerpräsident Daniel Günther und der geehrte Marinekutterregatta-Organisator, Kapitänleutnant Thomas Geburzky, unterhalten sich mit Jörn und Stephan. Foto: mor

Es ist DIE Auszeichnung des Landes Schleswig-Holstein für Verdienste um den Wassersport: das „Blaue Band“. Äußeres Zeichen des 2007 geschaffenen Preises ist ein stilisiertes Segel aus durchsichtigem Acryl mit einem eingelassenen Band in den Farben des Landes Schleswig-Holstein sowie dem Schriftzug „Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein“. Siebenmal wurde die Auszeichnung seit ihrer Stiftung verliehen. Nun kommt ein achter Preisträger hinzu – die Organisation der Marinekutter-Regatta zur Kieler Woche. Die der „Kutter-Community“ bestens bekannten Gesichter dieser Organisation gehören seit vielen Jahren einem eingespielten Duo: Kapitänleutnant Thomas Geburzky und Oberstabsbootsmann Bodo von Reth. Mit ihrem Team aus Helfern, Schiedsrichtern, Wettfahrtleitern müssen sie den Überblick über den Mastenwald im Bootshafen des Kieler Marinestützpunkts und die rund 1.400 Seglerinnen und Segler bei diesen Regatten behalten.

Der offizielle Akt: Ministerpräsident Daniel Günther übergibt Kapitänleutnant Thomas Geburzky die Ehrung „Blaues Band“ im Gästehaus der Landesregierung Schleswig-Holsteins. Foto: har

„Die Marinekutterregatta hat eine über 130-jährige Tradition in Kiel. Sie ist sozusagen der maritime Kern, um den herum sich die Kieler Woche seit ihrem Beginn entwickelt hat“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther bei der Verleihung der Auszeichnung im Gästehaus von Landtag und Staatskanzlei, das direkt neben dem Parlament an der Kieler Förde gelegen ist. Viele Menschen steckten ihre Kraft und Zeit in die Organisation der Wettfahrten, betonte der Ministerpräsident: „Die haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer leisten eine ganze Menge: für die vielen begeisterten Kuttersegler, für Generationen mitfiebernder Zuschauer sowie für den Wassersport in Kiel und Schleswig-Holstein.“ Günther verwies auch auf die aktuellen Umstände, indem er sagte: „Den geplanten Rahmen aus Live-Regatta und buntem Kieler-Woche-Programm können wir heute leider nicht bieten. Die Regatta steht für viele Dinge, auf die wir wegen der Corona-Pandemie verzichten müssen: sportlicher Wettkampf mit treuen Fans, Austausch über Grenzen hinweg und gemeinsames Feiern.“ In ihrer langen und bewegten Geschichte habe die Marinekutterregatta schon manche Krise überstanden: „Sie werden mit Sicherheit auch diese Krise überstehen und uns noch viele spannende Segelwettbewerbe bieten“, so der Ministerpräsident.

Zum Kuttersegeln bei der Marine-Jugend gekommen

In der Tat ist die Arbeit an der Marinekutter-Regatta ein Jahres-Projekt und beginnt gleich nach Ende der aktuellen Wettfahrten. Ein Konzept muss aufgestellt werden, Befehle wollen geschrieben sein, Dienststellen und Verbände um Material und Personal gebeten werden. Der Schriftverkehr im Zusammenhang mit der Regatta-Vorbereitung könnte ausgedruckt ganze Aktenschränke füllen. Steht das Seglerlager? Sind die Einladungen rausgeschickt? Was ist mit der Verpflegung, dem Kranen der Boote, den Zufahrtsberechtigungen? Sind alle, die sich sonst auf den Schlips getreten fühlen könnten, informiert? Und Vieles mehr …

Beweisfoto… Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrtausends ist der kleine Thomas Geburzky (2. von links) schon mit der Marine-Jugend Braunschweig unterwegs. Hier geht es gerade mit der Bahn ins Sommer-Segellager nach Mittelschweden. Foto: Gunther Hartmann

Seit 30 Jahren ist Thomas Geburzky bei der Marinekutter-Regatta von der Partie – als Schiedsrichter, als Wettfahrtleiter, als Organisator. Seit 1995 ist auch Bodo von Reth dabei. Geburzky lernte bereits als Jugendlicher das Kutterpullen, das Kuttersegeln und alles, was so dazugehört. Wo? Bei der Marine-Jugend natürlich, in seinem Fall in Braunschweig. Als er sich seinen Berufswunsch, zur Marine zu gehen, erfüllte, holte ihn die Leidenschaft für das Segeln wieder ein. Mit allen Konsequenzen und einem Engagement, das nun das Land Schleswig-Holstein gewürdigt hat.

Preisverleihung um ein Jahr verschoben

Eigentlich hatte die Preisverleihung bereits im Zuge der Kieler Woche 2019 stattfinden sollen, zur 130. Jubiläums-Regatta. Allerdings wurde die Feier kurzfristig abgesagt. Bei einem Zusammenstoß zweier „Eurofighter“ über Mecklenburg-Vorpommern war ein Pilot ums Leben gekommen. Aus Rücksicht auf die Bundeswehr verschob die Kieler Staatskanzlei den Festakt – auf den theoretischen Kieler-Woche-Termin in diesem Jahr. Der ist zwar ausgefallen, dieses Mal wegen der Corona-Pandemie; aber wenigstens die Auszeichnung sollte in dieser Zeit übergeben werden.

Ihre gute Laune ist eins ihrer Markenzeichen. Und nun haben sie allen Grund, fröhlich zu sein: Thomas Geburzky (rechts) und Bodo von Reth erhalten stellvertretend für die Marinekutterregatta die Auszeichnung „Blaues Band“ des Landes Schleswig-Holstein. Foto: Junge

Kleine Schummeleien bei der Zählung

In diesem Jahr leidet auch die Marinekutter-Regatta massiv unter der Pandemie: Offiziell abgesagt, werden Anfang September innerhalb der ebenfalls verschobenen, übrigen Segelwettkämpfe nur einige Wettfahrten der Marinekutter stattfinden können. Dass 2020 die 131. Marinekutter-Regatta ansteht, aber die 138. Kieler Woche ist übrigens nichts anderes als eine kleine Kieler Schummelei. Denn ihren Ursprung hat die Kieler Woche tatsächlich in den Marinekutter-Regatten, deren Beobachtung 1881 zu den ersten Yacht-Wettfahrten ein Jahr später führte. In der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs fand die Kieler Woche nicht statt. Aber es wurde einfach munter durchgezählt. Die Marinekutter-Regatten legten ihrer Zählweise dagegen die tatsächlich stattgefundenen Veranstaltungen zugrunde… 😉

Ein Preis für die Organisation der Marinekutteregatta ohne Beteiligung eines Kutters? Unmöglich. Deshalb kam „Fritjof“ eigens zum Landeshaus gesegelt. Foto: har

Bei der Übergabe des „Blauen Bands“ war das „Auftauchen“ unseres Marine-Jugend-Kutters „Fritjof“ der Höhepunkt der Veranstaltung. Mit sichtlicher Begeisterung setzten sich Ministerpräsident Günther und Kapitänleutnant Geburzky in den blauen Kutter, um ein bisschen die Atmosphäre an Bord – direkt vor dem Landeshaus – zu genießen.
Klaas

Endlich mal wieder ein entspannter Segeltag!

Hurra, er schwimmt wieder! Ein alter 420er kommt nach Jahren wieder richtig in Fahrt: Liv und Simon verleihen ihm die nötigen Flügel. Foto: Finja
Eine „Floh“-Jolle mag eine Optik wie ein Schuhkarton haben: Aber Sina und Paul zeigen, dass das gute Stück sogar dem Begleit-Motorboot entkommen kann. Foto: bür

Na also, geht doch: Hatten wir in den vergangenen Wochen den Eindruck, dass das norddeutsche Wetter ausschließlich das Kuttersegeln bevorzugt, durften heute die Jollen-Segler endlich wieder für längere Zeit aufs Wasser – und dabei Spaß haben. Kein Gewitter, keine Sturmböen, kein Dauerregen, aber ruhiges und entspanntes Segeln auf der Kieler Innenförde. Optimisten vorneweg, ein „Laser“, ein „Floh“ und ein „420er“ hinterher. Die Betreuer auf den beiden Begleitbooten hatten nicht viel zu tun. Immerhin war der ständig drehende Wind stark genug, um die großen Jollen so schnell zu machen, dass die Betreuer kaum hinterherkamen.

Stefan gibt vom Motorboot aus dem Opti-Skipper Jan ein paar Tipps. Foto: Cathrine

Dabei hatte es mal wieder so ausgesehen, als ob der berühmte im Teufel im Detail zumindest ein Vorhaben baden gehen lassen könnte. Wir hatten in der Wintersaison an einem 420er gebastelt, eher an einem 420er-Veteranen. „Jam Jam“ hatte eine Generalüberholung gebraucht. Undicht am Schwertkasten, undicht am Lenzer, mit einem weichen Vordeck, zu erneuernden Schwertlippen. Ach ja, die gesamte Ruderanlage ließ sich auch nirgends auftreiben. Segel waren noch da, allerdings ohne Schoten und ohne Segellatten, wenigstens ohne größere Schäden. Hier und da musste laminiert werden. Und das waren nur die gröbsten Vorhaben. Andere Vereine hätten diesem Boot wahrscheinlich den Gnadenstoß versetzt. Aber so etwas kommt bei uns ja nicht in Frage, auch wenn es eben reichlich Arbeit, Frust, blutige Finger und Rückschläge bedeutet.

Diese Segellatte mag zwar nicht in dieses Großsegel gehören, aber Simon, Finja und Jörn (von links) bringen das widerspenstige Bauteil dennoch in Position. Und wo sonst nichts hilft, hilft Tape. Denn dieser 420er kommt heute ins Wasser, ob er will oder nicht … Foto: har

Mit vereinten Kräften und einigen kurzfristigen Lösungen – wenn Marine-Jugend etwas kann, dann ist es Improvisation – kam der 420er-Oldie doch noch ins Wasser. Liv und Simon übernahmen es, das antike Turngerät vom Steg und in Fahrt zu bringen. Der Großteil der übrigen Mannschaft blieb an Land und sah mit bangen Blicken hinterher. Die waren vergebens. Denn „Jam Jam“ machte Fahrt. Und wie. Irgendwo kam zwar noch ein bisschen Wasser ins Boot, das eindeutig kein Süßwasser war, aber was vorn reinläuft, kann man schließlich hinten wieder rauslaufen lassen. Premiere geglückt. Das darf gern so weitergehen.

„Jam Jam“ schwimmt wieder, zum ersten Mal seit langer Zeit. Viele Teile sind ergänzt, repariert oder völlig neu gebaut worden. Stephan (rechts) gibt Simon für die erste Ausfahrt noch einige Tipps. Foto: har

Und weil es heute keine echten Stress-Momente gab, konnte viel Alltagsgeschäft nebenbei abgearbeitet werden: Planen, Segel und Persennige sortieren und wegstauen, Boote am Vereinsheim umrangieren, umheben und vor allem richtig saubermachen, für das geplante Segelwochenende an der Schlei schon Gedanken sammeln. Und nicht zuletzt hatte der Fischbrötchen-Stand, der uns beim jüngsten Kuttersegeln so furchtbar enttäuscht hatte, geöffnet – und genug Vorräte, um uns satt werden zu lassen.
Klaas

Sina und Paul bereiten ihren „Floh“ für den Ausflug vor. Foto: har
Vereins-Schriftwart Dieter kümmert sich an Land darum, dass einige, heute ungenutzte Boote dennoch wieder richtig sauber werden. Foto: har
Haben heute ausnahmsweise nicht ganz so viel zu tun: Kai und Stefan in einem der Begleitboote. Foto: har
Muss mal durchpusten: Malte hat heute einen „Laser“ über die Förde getrieben. Foto: har
Kreativ-Pause: Kathrin, Cathrine, Tina und Guido „brainstormen“ für ein Segel-Wochenende an der Schlei in wenigen Monaten. Foto: har
Mit vereinten Kräften kommt bei uns jedes Boot ins Schwimmen … 😉 Foto: bür
Da hat jemand einen Optimisten am Haken – und Optimistin Cathrine gleich dabei. Foto: bür
Heute war auch ein guter Tag zum Opti-Segeln: Cara (vorn) und Jan (hinten) probieren es aus. Foto: Cathrine
Nach dem Segeln folgt das obligatorische Abtakeln sowie das Abspülen des Bootes mit Süßwasser. Foto: har
Man kann es den Gesichtern von Malte (links) und Guido ansehen: Einige Boote sind schwerer zu bewegen als andere. Foto: har

12.000 Kilometer von Kiel verhakt sich die Ankerkette

Die Ankerkette der „Gegenwind“ muss von Tauchern befreit werden – in 17 Metern Tiefe. Foto: Reich/Aßmann

Als Marine-Jugend-Mitglied kann man etwas erleben, auch außerhalb von Deutschland. Helge Aßmann und Asha Reich mit ihrer Yacht „Gegenwind“ haben wir hier ja bereits vorgestellt. Die „Drei“ sind schon seit Sommer 2014 unterwegs und hängen im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie noch immer in Dili fest. Dili in Osttimor wohlgemerkt. Zur Orientierung: Das sind vom Kieler Heimathafen aus gemessen schlappe 12.000 Kilometer Luftlinie. Zunächst hatte es so ausgesehen, als ob die Reise bald weitergehen könnte. Aber dann verfügte die Regierung in Osttimor, Hafen und Flughafen wegen der Infektionsgefahr noch bis 28. Juni dicht zu lassen.

„Bestehen bleibt weiterhin das Tragen von Masken in Läden und in öffentlichen Gebäuden, genauso wie die Händehygiene und das „social distancing“, wobei die Masken auch immer häufiger nur unter dem Kinn hängen und das Händewaschen ab und zu mal vergessen wird, oder gar nicht mehr möglich ist, weil man vergessen hat, den Wassertank aufzufüllen – aber so schlimm ist das ja nicht, solange keine Reisenden ins Land kommen, die das Virus wieder einschleppen“, schreiben Asha und Helge in ihrem Logbuch.

Vor einigen Tagen mussten die beiden Segler sogar Taucher anrücken lassen. „Gegenwind“ hing im wahrsten Sinn des Wortes fest. Die Ankerkette hatte sich am Grund verhakt – in 17 Metern Tiefe. Eine straffe Leine ist für das Boot allerdings nicht ungefährlich. Die vorherrschenden Winde haben in der beginnenden Wintersaison gedreht und verursachen Wellen, die die Yacht „hüpfen“ lassen. Nach getaner Arbeit unter Wasser ist „Gegenwind“ aber zumindest am Ankerplatz wieder frei beweglich. Die gesamte Geschichte könnt Ihr im erwähnten und verlinkten Logbuch lesen!
Klaas

Nur um einmal einzuordnen, wo Asha und Helge seit einer ganzen Weile festhängen: Der Pfeil zeigt die Position bei Dili in Osttimor. Karte: OpenStreetMap / (Open Database Licence (ODbL) 1.0)

Quantenphysik – lieber nur theoretisch

Die Pinne fest im Griff, den Blick auf Segel und Umgebung gerichtet: Heute hatte Liv das Steuer an Bord von „Fritjof“ in der Hand. Foto: har

Strahlender Sonnenschein, stetig Wind in Stärke 3 bis 4 aus Nordost – da muss man einfach aufs Wasser, heute am Kuttersegeltag noch zusätzlich mit unserer Varianta „Regulus“. Während sich also Dieter und Kai mit der Varianta eigenständig aus dem Staub machten, beschloss die Kutter-Crew, erstmal wieder zum Marineheim zu segeln. Wenn es darum geht, in der Saison im laufenden Betrieb an unserem kleinen Zweimaster zu basteln, ist der lange niedrige Steg dort günstiger dafür. Heute wollten wir das Stampfstag ein wenig kürzen – eine Kette, die von der Spitze des Klüverbaums hinunter an den Bootsrumpf führt. Das Stag ist wichtig, um die Kräfte des zweiten Vorsegels, das von oben am Klüverbaum zerrt, aufzufangen. Bringt nur nicht viel, wenn das Ganze zu locker ist. Also fix zusammenziehen die Konstruktion. Und außerdem, so unser Hintergedanke, könnte man für die gesamte Besatzung an der nahen Bude Fischbrötchen kaufen ….

Auf eigenem Kurs: Kai und Dieter machen sich mit der „Regulus“ auf den Weg. Foto: har

… machen wir die traurige Geschichte kurz: Es gab keine Fischbrötchen mehr. Mit hängenden Schultern und nicht mehr ganz so guter Laune richteten wir den Kutter und legten mit dem gekürzten Stag so schnell wie möglich wieder ab. Die knurrenden Mägen blieben aber nicht lang ungesättigt, weil Jan aus der Tasche eine komplette Rolle Doppelkekse zauberte. Was ist das Leben schön!

Stephan (rechts) versucht Constantin und Cathrine davon zu überzeugen, dass die Quantenphysik erlaubt, durch massive Wände zu segeln – eine schöne Theorie, der die Beiden heute zum Glück nicht folgen wollen … Foto: har

Wenn der Kutterführer auch noch Physikdozent an der hiesigen Universität ist, darf man sich auf nautische Lektionen freuen, von denen andere Seglerinnen und Segler nur träumen können: So segelten wir vierkant auf den Steinwall zu, der den Hafen des Marinearsenals von der Kieler Förde trennt. Stephan versuchte uns glaubhaft davon zu überzeugen, dass der so genannte Tunnel-Effekt in der Quantenphysik es ermöglichen könnte, mit dem Kutter durch den massiven Wall zu segeln und schadlos auf der anderen Seite anzukommen. Wir glauben Stephan fast alles. Aber nach der Feststellung, dass wir gerade mit knapp fünf Knoten unterwegs sind, nahmen wir von dem Experiment lieber Abstand.

Mit gut getrimmtem Boot und vielen Doppelkeksen in den Mägen gleiten wir über die Kieler Förde. Foto: har

Nach zwei Stunden nahmen wir wieder Kurs auf unsere Hafeneinfahrt. Den Geschwindigkeitsrekord, den wir hatten einstellen wollen, erreichten wir nicht ganz. Aber knapp sechs Knoten sind ja auch ganz schön. Außerdem hatten wir die guten Bedingungen dazu genutzt, schon mal einen Probeanlauf an den Steg in der Nähe des Landeshauses zu versuchen. Warum wir da hin wollten? Das verraten wir heute noch nicht – aber am kommenden Montag erfahrt Ihr hier die Auflösung des Rätsels. In unserer Box angekommen, stellten wir fest, dass es auch die Varianta heil zurück in den Hafen geschafft hatte. Eine Viertelstunde später war dieser wunderschöne Segeltag vorbei, die Segel waren aufgetucht, die Leinen aufgeschossen, das Logbuch war säuberlich ausgefüllt. Aber am Sonnabend geht es ja weiter. Ein Glück.
Klaas

In Gedanken versunken: Jan passt auf die Achterleine von „Fritjof“ auf. Foto: har
Anlauf mit dem Kutter in Richtung Landeshaus: Wir haben demnächst in der Nähe einen besonderen Termin … Montag mehr. Foto: har