Zum ersten Mal die Marinekutterregatta mit 3+1 bewältigen: Drei Mannschaften der Kieler und eine Crew der Braunschweiger Marine-Jugend, zwei Kieler Mannschaften mit ZK-10-Kuttern, eine Braunschweiger Mannschaft mit ZK-10-Kutter, eine Kieler Mannschaft in der Offenen Klasse. Und das hat nicht nur im Großen und Ganzen, sondern tatsächlich richtig gut funktioniert. Die Ergebnisse spiegeln nicht die Erlebnisse wider, denn alle vier Mannschaften haben sich aus ganz unterschiedlichen Gründen ganz hinten in den Ranglisten eingeordnet. „Hauptsache, alle haben ihren Spaß bei der Sache“, hatte Jörn als Kuttersteuerer bei „Fritjof“ für die Beteiligten vor Beginn der Wettfahrten als Motto ausgegeben. Und dieses Ziel haben wir vollumfänglich erreicht.
Wieder mehr Crews beim Segeln und Pullen
Auch wenn die Beteiligung bei den ZK-10-Kuttern angesichts der vorhandenen Flottengröße mit acht Booten weiter sehr mau gewesen ist, hat die Zahl der Meldungen in der Offenen Klasse diese Lücke durchaus wettgemacht. Von den angekündigten Mannschaften sind 22 in die Wettfahrten gestartet. Und insgesamt 30 Kutter auf der Bahn waren durchaus ein eindrucksvolles Bild auf der Innenförde. Dass die kleinen ZK-10-Kutter in so sparsamer Zahl angereist waren, hatte wohl mehrere Gründe. Zum einen waren wieder einmal Konkurrenzveranstaltungen in der Zeit der Kieler Woche angesetzt worden; zum anderen hatten Crews gezögert, weil es Schwierigkeiten mit den nötigen Urlaubstagen für die Regattazeit gegeben hatte. Die Meldungen für die Klassen in der zweiten Wochenhälfte sowie für das Kutterrace am Sonnabend waren übrigens ebenfalls sehr zufriedenstellend, die Teilnahmezahlen beim Pullen in diesem Jahr sogar besonders hoch.
Der erste Wettfahrt-Tag war für die Crew der Offenen Klasse etwas ernüchternd. Mit einem Segen für alle beteiligten Boote durch die evangelischen und katholischen Militärpfarrer sowie Glückwünsche für Janek, der an diesem Tag Geburtstag hatte, waren die Kutter gestartet. Sogar ein kleines Blasorchester hatte zum Auftakt gespielt. Und die Steuerleute-Besprechung, an der traditionsgemäß die meisten Crewmitglieder teilnahmen, hatte auch keine Probleme erkennen lassen. Die kamen dann aber nur fünf Minuten nach Ankunft auf der Bahn. Die MJK-Mannschaft war von der Zahl her ausreichend, aber nicht vom Gewicht. Windstärken von 5 bis 6 machten das Boot für Finja und Janek nicht mehr beherrschbar, weil sich der Kutter schon allein unter Fock so auf die Seite legte, dass nur ein Abbruch für diesen Tag möglich war. Ein Begleitboot der Regattaorganisation brachte den Kutter noch vor Beginn der beiden Wettfahrten zurück in den Marinestützpunkt. Der Ausfall beider Fahrten an diesem Tag war natürlich nicht mehr aufzuholen. Trotzdem segelte unsere „offene“ Mannschaft am zweiten Tag wieder tapfer mit. Bei der Siegerehrung am Montag stellte Wettfahrtleiter Michael Bauer das Verhalten der Kutterführung in dieser Situation als vorbildlich und verantwortungsvoll heraus. Ein Lob, das jeden Pokal ersetzen kann!
Technische Handicaps und auszubauende Kenntnisse
Bei den ZK-10-Kuttern „Aneesa“ und „Fritjof“ sowie „Pisagua“ waren die Handicaps andere. Die Braunschweiger Crew, die auf ihren Binnengewässern ja am wenigsten von uns allen trainieren kann, schlug sich dabei noch am besten durch – und brachte folglich auch den Preis für die bestplatzierte Marine-Jugend-Mannschaft mit nach Haus. „Fritjof“ ist „Fritjof“. Und da können auch so erfahrene Kuttersegler wie Jörn, Stephan und Jonas nichts daran ändern. Dass es an der Technik und nicht am Können liegt, zeigte „Fritjof“ in einigen taktischen Manövern am Start und an den Wendemarken. Die geliebte Behäbigkeit des Kutters und die eingeschränkte Möglichkeit, an den Wind zu gehen, waren aber einfach nicht auszugleichen.
Manchmal rätselte auch die „Aneesa“-Crew ob der Reaktionen ihres Kutters. Nachteile wie das Schwert, das am Vorwind-Kurs nicht aufgeholt werden kann, waren ja bekannt, ebenso die fehlende Übung mit dem Spinnaker. Wind von achtern war damit in jedem Fall nicht der beliebteste Kurs für „Aneesa“. Richtig spannend wurde es aber immer dann, wenn der Wind nachließ: Der Kutter fuhr dann nicht nur in die Richtung, in die der Bug zeigt; er versetzte jedes Mal deutlich zur Seite. Das wiederum machte das Runden der Wendemarken zum Abenteuer. Glücklicherweise versetzt „Aneesa“ nach Steuerbord – eine Eigenschaft, die man bei einem Kurs, auf dem immer „linksrum“ gesegelt wird, einrechnen kann. Bei taktischem Verhalten und persönlichem Einsatz war allerdings auch hier kein Fehl zu sehen. Mehr als ein Mal segelte „Aneesa“ durch vorausschauende Taktik mehr als die Hälfte der anderen ZK-10 aus, wurde dann aber spätestens vor dem Wind wieder nach hinten durchgereicht. Auch die Schiedsrichter waren vor dem roten Kutter nicht sicher. In einer Startsituation hatte sich ein Jury-Schlauchboot ausgerechnet auf die Startlinie gelegt. Folgender Dialog war dann zu hören. „Aneesa“: „RAUM!“ Schiedsrichter: „Jetzt bekommen wir Angst.“ „Aneesa“: „Zu Recht …“ 😉
Und die Mauer kam immer näher
Eine Situation war allerdings für alle beteiligten Kutter eine echte Herausforderung: eine Wendemarke in der Innenförde. Die Langfahrt in diesem Jahr führte nämlich nur zunächst Richtung Außenförde. Bei Möltenort wurde das erste Mal gewendet; danach ging es in die Innenförde bis zum Landeshaus. Damit die Besucherinnen und Besucher der Kieler Woche möglichst viel von den Segeln auf der Innenförde sehen, hatte die Regattaleitung die Wendetonne rund 50 Meter vor der Mauer der Promenade auslegen lassen – mitten in der Abdeckung, in die nur Wind kommt, wenn er mit Macht von Osten pustet. Das tat er bei dieser Wettfahrt selbstverständlich nicht. Die meisten Kutterbesatzungen versuchten verzweifelt, möglichst nahe an der Wendemarke vorbeizukommen … und wurden dabei oft zu „Treibgut“. Die Schiedsrichter hatten auf diese Weise häufig von der Trillerpfeife Gebrauch zu machen, wenn hier eine Großschot oder da eine Scheuerleiste eben doch die Tonne „streichelte“. Unsere Kutter -Crews wussten natürlich als Einheimische um das Problem und setzten die Kurven deutlich weiter an. Das klappte auch; einzig „Aneesa“ machte es zunächst spannend. Kein Wind bedeutete wie erwähnt die Verwandlung des Kutters in einen Dwarslöper. Der eine oder andere Beobachter auf der Kiellinie (Vorsitzende rein zufällig mitgemeint) musste sich zwischenzeitlich wegdrehen und Stoßgebete aussenden. Die Mauer der Kiellinie kam immer näher … Aber es klappte. Und das Boot kam heil herum. Die drei Kutter der Offenen Klasse, die anschließend um die Tonne wollten, hatten nicht so viel Glück. Und es gab wieder etwas Gerangel. „Aneesa“ bekam im Lauf des Tages ebenfalls den Großbaum eines anderen Kutters ab. Aber außer einem anschließenden Quietschen des „Aneesa“-Besanbaums, der getroffen worden war, gab es keine Schäden.
Am Ende des zweiten Wettfahrttages verkündete Michael Bauer das Ende der Regatta in beiden Klassen. Sechs Fahrten waren absolviert worden – die Mindestzahl für einen Streicher. Und der dritte Tag versprach vor allem eins: echte Flaute. Das Glück musste nicht gezwungen werden. Das Wetter bis zu diesem Zeitpunkt wirklich günstig gewesen. Beide Tage hatten kühl und bedeckt angefangen; aber die Sonne war immer herausgekommen. Und der Wind hatte ausgereicht. Genauso spontan wie die Wettfahrtleitung passten wir deshalb unser eigenes Programm an. Alle durften etwas länger schlafen; aber am Montagmorgen um neun Uhr sammelten sich die Kieler bei den Braunschweiger Freundinnen und Freunden im Zeltlager, brachten Brötchen, Butter und Nussnougatcreme mit – und plünderten alle gemeinsam die noch vorhandenen Braunschweiger Vorräte bei einem Frühstück auf dem Rasen im Marinestützpunkt.
Nix Segeln: Pullen!
Dann hieß es wieder ein bisschen zu arbeiten. „Pisagua“ wurde für das Kranen vorbereitet. „Aneesa“ und „Fritjof“ legten ab, um zurück zu den heimischen Liegeplätzen zu segeln. Nur: Die Wettervorhersage hatte auf den Punkt gestimmt. Wind = 0. Also wurden die Kutter nicht gesegelt, sondern bis nach Haus gepullt. Nicht unbedingt im Racetempo, aber stetig. Unterwegs diskutierten wir noch Hinweise und Vorschläge, die wir von den Schiedsrichtern bekommen hatten. Jörn Mißfeldt, dem Chef der Schiedsrichter, war als erstes bei einem Blick auf die Boote aufgefallen, dass die Masten durchaus noch in der Flucht optimiert werden können – und dazu der Großmast von „Aneesa“ viel zu gerade steht. Da werden wir noch am Mastfuß etwas basteln müssen.
Nach einem Fußmarsch zurück in den Stützpunkt verkürzten wir die Wartezeit unter anderem damit, die Stuhlreihen im Saal der Siegerehrung noch gerade zu rücken. Alle Crews wurden geehrt, auch die, die sich nicht unter den jeweils ersten Dreien platziert hatten. Die von uns gestifteten Preise für die bestplatzierten Marine-Jugenden gehen in diesem Jahr bei ZK-10 nach Braunschweig und in der Offenen Klasse erneut nach Helmstedt. Es war keine unanstrengende Veranstaltung, wie immer. Aber wir hatten tatsächlich sehr viel Spaß, haben ein paar neue Kontakte geknüpft und viele gute Ratschläge erhalten. Eine Unstimmigkeit am Rande mit einer anderen ZK-10-Mannschaft wurde im Nachgang sehr freundschaftlich ausgeräumt, so dass wir bereits jetzt wieder ganz „heiß“ auf die 136. Marinekutterregatta im kommenden Jahr sind. Und da man sich ja noch steigern kann, haben einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer gedanklich auch die Offene Landesjugendmeisterschaft (OLJM) und das Kutterrace anvisiert. Der Trainingsplan wird also sehr voll werden – egal, wofür wir uns entscheiden.
Und aus Sicht des Vorstandes lässt sich in Richtung Seglerinnen und Segler nur sagen: Das habt Ihr alle ganz toll gemacht! Großes Kompliment!
Klaas