Ein Kutter lässt sich auch mit Muskelkraft antreiben

Kein Wind? Kein Motor? Wen stört’s? Da gibt es doch noch eine Antriebsart … Foto: Krug

Die Sommerferien-Zeit ist eine gute Zeit, um auch denen das Segelvergnügen zu verschaffen, die sonst beruflich zu eingespannt sind, um sich unter der Woche für ein paar Stunden ins Boot zu setzen. Und auch, die, die diesen wunderbaren Sport schon immer einmal ausprobieren wollten, finden nun vielleicht die Gelegenheit, das Segeln auszuprobieren. Das hatte Kutterführer Jörn im Hinterkopf, als er außer der Reihe zu einer Tour auf der Kieler Förde mit unserem Kutter „Fritjof“ einlud. Und so fanden sich am Liegeplatz neben der üblichen Crew ein paar Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, die sonst nicht so häufig dabei sind.

Fallen, Schoten, Baumniederholer, Dirken – durch das ganze Tauwerk muss man auch erstmal durchsteigen, damit man nicht daneben greift, wenn es plötzlich ganz schnell geht. Foto: Krug

Für den (Wieder-) Einstieg ins Kuttersegeln war das Wetter genau richtig: Sonnenschein, T-Shirt-Temperatur, Windstärke drei Beaufort und fallend. Letzteres sollte noch Auswirkungen haben… Erwartet wurden allerdings auch Schauer und Gewitter. Zunächst aber legte die Truppe gut gelaunt mit „Fritjof“ und freundlichen Winden ab. Und selbst wenn die Zusammensetzung an Bord eine andere als sonst war, wurden gewisse Sitten eingehalten. Übersetzt: Es wurde ein Zwischenziel gewählt, an dem sich ein gemütlicher Imbiss einnehmen lässt. Gute Erfahrungen mit den dortigen Fischbrötchen gaben den Ausschlag; der Kutter richtete seinen Bug nach Norden in Richtung Tiessenkai in Kiel-Holtenau.

Der Wind stimmt noch. Der Kutter bewegt sich unter Segeln Richtung Außenförde – noch … Foto: Krug
Das gehisste Besansegel ist mehr Tarnen und Täuschen: Kurz vor dem Anlegen am Tiessenkai hatte die Crew die Riemen auspacken und pullen müssen. Der Wind war eingeschlafen. Foto: Krug

Die Kurve um die Einfahrt zum Nord-Ostsee-Kanal wurde dann aber schon schwierig. Zwar waren die angekündigten Schauer ausgeblieben, dafür aber auch der Wind. Rund 50 Meter vor dem Anlegeplatz in Holtenau drohte „Fritjof“ zu „verhungern“. Da die Kutterbesatzung das allerdings nicht wollte, schon gar nicht 75 Meter vor den Fischbrötchen, wurden die kurzen Schlagriemen herausgezogen, das Runzelbord frei gemacht und der Rest des Weges bis zum Kai geruhsam gepullt.

Wie lässt sich die Zeit überbrücken, bis die Fischbrötchen fertig sind? Malte versucht es mit dem Bau von Stein-Türmchen. Foto: Krug

Gut gestärkt kletterten alle Besatzungsmitglieder nacheinander wieder in den Kutter und setzten an Tuch, was nur machbar war. Es erwies sich allerdings als vergeblicher Wunsch, nur unter Segeln nach Haus zu kommen. Einen Verbrennungsmotor gibt es nicht an unserem Kutter, wäre ja auch noch schöner; also wurden seufzend erneut die Riemen ausgelegt. Erst wechselten sich Doro, Sven und Arne beim Pullen ab. Auf Höhe des Marinestützpunktes war es aber allen an Bord klar, dass mit nur zwei Riemen erstens die Arme der Betroffenen ganz schön lang und zweitens die Heimfahrt schier endlos werden könnte. Also kamen noch die beiden Arbeitsriemen hinzu. Und zu viert an den Riemen und wie üblich mit Liv am Ruder pflügte der Kutter etwas zügiger durchs Wasser.

Macht ein entspanntes Gesicht … danke … reicht! 😉 Mit vier Riemen und den Segeln als Deko auf dem Weg in den Heimathafen. Foto: Krug

Nun sind Kutter von Haus aus dazu eingerichtet, mit Muskelkraft bewegt zu werden. Wahrscheinlich wäre es ohne Segel und mit aufgeholtem Schwert sogar noch schneller gegangen. Aber auch so schaffte es die muntere Truppe noch vor Einbruch der Dunkelheit, wieder mit „Fritjof“ in der heimischen Box festzumachen. Als Fazit: Könnte man wiederholen … sogar regelmäßig!
Arne, Malte + Jörn

Hatten bei ihrem Ausflug mit Kutter „Fritjof“ und Kutterführer Jörn durchaus Spaß: Janek, Doro, Sven, Michelle, Stefan, Doreen, Malte, Arne und Liv. Foto: Krug

Ein Kutter lernt zu fliegen …

Lasst die Kiste laufen … „Fritjof“ legte heute auf der Kieler Förde richtig los. Foto: har

Windstärke 4 bis 5, in Böen 6 bis 7, bedeckter Himmel, ab und zu leichter Nieselregen – also ideales Wetter für einen Marinekutter: Im Boot saßen heute überwiegend erfahrene Seglerinnen und Segler. Und alle hatten richtig Lust auf einen Nachmittag, der auch ein bisschen feucht werden durfte. Als der Wind vor der Hafeneinfahrt in die Segel griff, war klar, dass es heute ein bisschen schneller zugehen würde. Aber vor dem Vergnügen kommt die Arbeit. Zunächst führte uns der Weg etwas tiefer in die Innenförde, um noch einmal am Vereinssteg anzulegen. Für die Sommersaison gehört ein wenig Auftriebsmaterial in die ansonsten hohlen Schwimmkörper des Bootes. In unsererm Fall sind das – kein Witz – Dutzende „Schwimmnudeln“, die sich nicht mit Wasser vollsaugen können. Nach einem zügigen Anlegemanöver wurde der Kutter schnell festgebändselt. Dann schleppten Arne und Cathrine die quietschbunten Schwimmhilfen aus dem Marineheim zum Boot. Rosa, gelbe, grüne, blaue Schwimmnudeln verschwanden nach und nach in den Inspektions-Öffnungen des Bootes, bis aus den Hohlräumen im wahrsten Sinn des Wortes die Luft raus war.

Alle Segel hoch: Der Boot und Wind verlangten geradezu danach. Foto: har

Dann ging es schleunigst wieder Richtung Norden. „Alle Segel hoch?“ Ein Blick in die Runde, allgemeines Grinsen – und nach Fock, Flieger und Besan stieg auch noch das Großsegel auf. Wer die Konturen eines Marinekutters im Hinterkopf hat, weiß, dass es bei dieser Konstruktion um Sicherheit, nicht um Geschwindigkeit geht. Aber „Fritjof“ wollte uns heute zeigen, dass er beides drauf hat: Die Segel standen wie Bretter, das Brummen des großen Stahlschwerts unter dem Boot übertrug sich als Vibrieren auf die Bordwand, und in Lee kam ab und zu auch ein bisschen Wasser über das Runzelbord.

Eine alte Sturmfock als Flieger: Das zweite Vorsegel gibt dem schweren Marinekutter auf Amwind-Kursen spürbar die Sporen. Foto: har

Klar, dass wir wissen wollten, was der Kutter so kann. Stetige Blicke auf die GPS-Logge ließen uns auch staunen: 5,4 Knoten, 5,7 … 6,0 … Bei 6,7 Knoten Fahrt über Grund war heute dann Schluss. „Mehr als 7,2 Knoten sind auch nicht rauszuholen“, bremste Kassenwart und Kutterführer Stephan unseren Enthusiasmus. Aber wir waren zumindest nahe dran heute. Zwei Stunden vergingen wie im Flug. Malte, der bei diesem Ritt tapfer die Pinne gehalten hatte, wurde auch zum Logbuch-Eintrag verdonnert: War aber nicht schlimm. Denn wer kann schon nach einer Tour mit einem ZK-10-Kutter solche Geschwindigkeiten niederschreiben? Und, darauf legen wir Wert: Wir waren mit unseren uralten Segeln auf Fahrt gegangen. Die frischen, neu gefertigten Tücher sind aber fertig und werden bald vom Segelmacher unseres Vertrauens abgeholt. Und dann, dann gibt es auch die 7,2 auf der Logge!
Klaas

Stefan hält Ausguck, wahrscheinlich auf der Suche nach einem offenen Fischbrötchen-Stand. Aber damit hatten wir heute leider Pech. Foto: har

Mit Klüverbaum und Flieger

Der Klüverbaum weist die Richtung: Donnerstag-Tour mit „Fritjof“ auf der Förde. Foto: har

Ein Marinekutter mit Klüverbaum, Stampfstag und zusätzlichem Vorsegel? Ungewöhnlich, aber auf der Kieler Förde seglerische Realität. Heute waren wir zum ersten Mal in dieser Saison mit vier statt mit drei Segeln unterwegs. Bei Nieselregen wurde das zusätzliche stehende Gut aufgeriggt. Und nach einer halben Stunde Bastelarbeit glitt „Fritjof“ bei wenig Wind aus dem Hafenbecken, über der Fock ein so genannter Flieger.

Laune hui, Wetter pfui: „Fritjof“ pflügt mit seiner Crew über die Kieler Förde. Foto: har

Da die Besatzung aus Hygieneschutz-Gründen auch beim Kuttersegeln zurzeit personell reduziert werden muss, war es ein glücklicher Umstand, dass statt der angesagten Böen bis Bft. 6 nur laue Lüftchen über der Förde wehten. Das machte das Experiment, wieder mit vier statt drei Segeln zu fahren, deutlich einfacher. Die zum Flieger umgewidmete alte Sturmfock, die ihren Platz hoch vor dem Großmast fand, machte ihre Sache gut und zog den alten ZK-10-Kutter mit durchs Wasser. Diesige Sicht, aufziehender Seenebel und immer wiederkehrender Regen wurden schlicht ignoriert. Allerdings hatte „Fritjof“ die Förde weitestgehend für sich allein. Kein einziges Segelboot außer dem Marine-Jugend-Kutter traute sich in dieser Zeit auf das Wasser. Was blieb, waren ein wunderschöner ruhiger Segelnachmittag, eine Ladung völlig durchweichter Bekleidung – und das zwangsweise „Rückwärts-Einparken“ in die Box im Hafen. Denn so ein Klüverbaum macht nicht nur ganz schön was her; er will auch beim Anlegen geschont werden.
Klaas

Der Kutter kann immer – egal bei welchem Wetter!

Mit „Physikerstephan“ an der Pinne geht es Richtung Norden.
Mit „Physikerstephan“ an der Pinne geht es Richtung Norden.
Mit „Physikerstephan“ an der Pinne geht es Richtung Norden. Foto: Klaas

Auch wenn die Optimisten und größeren Jollen wegen unterschiedlicher Wetterbedingungen noch nicht richtig zum Zuge gekommen sind: Unser ZK10-Kutter „Fritjof“ spult mehrmals die Woche Seemeile um Seemeile ab. Viel Wind? Kein Problem. Wenig Wind? Auch kein Problem. Sonne? Gern genommen. Regen. Wird ignoriert. Hauptsache raus auf das Wasser. Kuttersegeln ist Teamwork. Kein Manöver klappt von allein. Und das genau macht den Reiz aus. Klaas

Mit „Fritjof“ auf der Kieler Förde

Kuttersegeln bedeutet Teamarbeit. Jeder im Boot hat seinen Platz und muss sich darauf verlassen, dass die anderen Mitsegler immer aufpassen und mitmachen. Alles, was grundsätzlich bei diesem Sport wichtig ist, lässt sich im Kutter erlernen. Deshalb ist es kein Wunder, dass viele erfahrene Segler sagen: Wer Kuttersegeln kann, kommt im Prinzip mit jedem Boot zurecht. Es macht auch Heidenspaß, mit diesem sehr ursprünglichen Boot unterwegs zu sein. Einen kleinen Eindruck bekommt Ihr hier – wenn wir mit unserem „Fritjof“ auf der Kieler Förde bei wechselnden Winden unterwegs sind. https://youtu.be/V_i1boWJVuY

Kuttersegeln mit unserem treuen ZK-10-Kutter „Fritjof“. Einen Eindruck davon, wie es aussieht, wenn er sich bewegt, bekommt Ihr in unserem kleinen Video. Foto: Hartmann-Moritzen